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Autor | Titel | Datum | Objektbeschreibung | Einordnung |
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Urheber*in: Nationales Statistikbüro , Grafik Sascha Zhivkov | Titel: Chinese Statistical Yearbook 1998-2016 | Entstehungsdatum und -ort: 2021, Beijing | Rechte: Daten stats.gov.cn | Einordnung: Zwischen sektoralen Umsatzentwicklungen nach Unternehmenstypen in der VR China und wichtigen wirtschaftspolitischen Entscheidungen bestehen enge Zusammenhänge. Der chinesische Staatssektor wurde in den 90er Jahren tiefgreifenden Reformen unterzogen, die zu großen Entlassungswellen und der Schließung ineffizienter und defizitärer öffentlicher Unternehmen führten. Daher sinkt ihr Anteil an den Umsätzen in der Grafik von 52% (1998) auf 20% (2016). Die Staatsbetriebe, die übrig blieben, wurden jedoch in vielen Fällen zu schlagkräftigen Konglomeraten in Schlüsselbereichen ausgebaut; es bestehen in diesen Betrieben nach wie vor enge personelle Verbindungen zur Kommunistischen Partei Chinas (KPCh), was den Staatsbetrieben Vorteile verschafft. Der chinesische Privatsektor ist seit den 2000er-Jahren dennoch der weitaus dynamischste Teil der chinesischen Volkswirtschaft, was in einer so stark vom Staat durchdrungenen Wirtschaft, wie sie hierzulande wahrgenommen wird, zunächst überraschend erscheinen mag. Doch besonders in neuen Geschäftszweigen wie Neuen Technologien und Internetdienstleistungen entstanden Unternehmen wie Huawei, Tencent und Alibaba. Sie konnten sich entfalten, weil Staatsbetriebe noch nicht diesen jungen Markt beherrschten und noch relativ wenig Regulierung bestand. Die Kurve der Umsätze von Privatunternehmen steigt von nur 3% (1998) auf 36% (2016) an. Dem ging eine Liberalisierung privatwirtschaftlicher Tätigkeit in den 90er Jahren voraus, welches diese Entwicklung erst ermöglichte. Im Jahr 2000 verkündete Präsident Jiang Zemin, dass die KPCh künftig „fortschrittliche Produktivkräfte“ (gemeint sind Privatunternehmer) in ihre Reihen im Rahmen des „Dreifachen Vertretens“ (sange daibiao 三个代表) aufnehmen würde. Ausländische Unternehmen konnten ihren Anteil an den sektoralen Umsätzen mit 25% (1998) und 22% (2016) in etwa halten. Aktiv waren und sind sie vor allem in den Sonderwirtschaftszonen (SWZ) des Landes, wo sie spezielle steuerliche Vergünstigungen erhalten. 2007 haben diverse Typen chinesischer SWZ zu 21,7% zum BIP beigetragen, einen Anteil von 60% an den Exporten des Landes ausgemacht und 46% der FDI nach China angezogen (Zeng 2010: 4). Ausländische Investoren trugen insbesondere seit den 1990er Jahren maßgeblich zum chinesischen Wirtschaftswunder bei (siehe M3.2). Ihre Rolle konnten sie besonders nach Deng Xiaopings Reise in den Süden (Deng Xiaoping nanxun 邓小平南巡) 1992 entfalten. Diese hatte das Vertrauen der Kapitalgeber nach dem Tian’anmen-Protesten 1989 wieder herstellen können und die Öffnung nach außen in der Folge deutlich beschleunigt. „Andere“ Unternehmen sind hier eine zusammengefasste Kategorie und beziehen sich auf gemischte Eigentumsformen. Diese werden nicht näher spezifiziert - es gibt aber eine große Bandbreite von Eigentumsformen in der VR China auch zwischen staatlichen, privaten und ausländischen Betrieben (mixed ownership). In dem der Grafik zu Grunde liegenden Artikel werden ihre jeweiligen Ausprägungen ausführlicher beschrieben (Naughton 2018: 333-361). Ab 1998 (also ab Beginn des Graphen) nicht mehr ausgewiesen werden in der Statistik die chinesische mit unter 8 Mitarbeiter*innen. Diese zahlenmäßig sehr verbreiteten Betriebe werden als individuelle Haushaltsunternehmen (getihu 个体户) bezeichnet. Im ländlichen Raum sind die „Township and Village Enterprises“ (TVE) als wichtiges marktwirtschaftliches Element nach 1978 mit Bedeutung vor allem bis in die 1990er-Jahre zu nennen. Es sei angemerkt, dass die sich hier zeigenden Kurven ab 1998 so nur entwickeln konnten, weil sich die wirtschaftsliberalen Kräfte der Partei letztlich gegen die Widerstände der konservativen Parteikräfte, die sie sowohl gegenüber ausländischen als auch privatwirtschaftlichen Unternehmen vorbrachten, durchsetzten (siehe auch M1.3). Sascha Zhivkov, 30.07.2024 Verwendete Literatur BDI. 2021. China in der Welthandelsorganisation. 13. September. https://bdi.eu/artikel/news/china-in-der-wto (zugegriffen: 15. Juli 2024). Zitieren
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