Bürger*innenbeteiligung online: Die Plattform Join – Weiterführende Informationen

Link zum Material: https://www.china-schul-akademie.de/materialien/m-taiwan-m10-5

AutorTitelEntstehungsdatum und -ortRechteEinordnung
Urheber*in: Josie-Marie Perkuhn (TAP)Titel: Petitionen zum Tierschutz und zur Erhöhung des VerteidigungsbudgetsEntstehungsdatum und -ort: Oktober 2023Rechte: CC BY-SA

Einordnung: Die beiden Materialteile enthalten konkrete Beispiele für die in Taiwan geschaffenen Möglichkeiten politischer Partizipation. Die Schüler*innen erhalten einen Einblick in die jeweiligen Diskussionsstände zu den Themenfeldern Militärausgaben und Tierschutz.

Informationen zum Taiwan-Konflikt allgemein bilden den notwendigen Hintergrund für die im ersten Materialteil gestellte Frage nach einer Erhöhung des nationalen Militärbudgets, sie finden sich in der Thematischen Einführung des Moduls.

Der Verteidigungshaushalt Taiwans wurde nach der Amtsübernahme durch Präsidentin Tsai Ying-wen ab 2017 über sieben Jahre hinweg jährlich erhöht, wobei eine deutliche Zunahme ab 2020 zu verzeichnen war, als die Zahl der Militärmanöver der VR China in der Taiwan-Straße anstieg. 2023 wurde für 2024 ein Anteil der Verteidigungsausgaben von 2,5% am nationalen Bruttosozialprodukt vorgeschlagen (ca. 19,1 Milliarden US$, zusammengesetzt aus einem Grundbudget 主管預算 und Sonderhaushalten 特別預算), was ca. 15% des Regierungsbudgets für 2024 entspricht. Die genaue Zusammensetzung des Verteidigungsbudgets unterliegt in Teilen der Geheimhaltung. Die erneute Erhöhung wird nach Aussagen des Vizeverteidigungsministers Alex Po 柏鴻輝 (1958-) vor allem aufgrund der durch die Wehrpflichtverlängerung gestiegenen Personalkosten sowie die durch vermehrte Abwehrmanöver gestiegenen Unterhaltskosten (Treibstoff etc.) notwendig. Über die Höhe und Fälligkeit von Verpflichtungen, die sich aus Waffenkäufen z.B. von den USA ergeben, wird in geschlossenen Parlamentssitzungen beraten. (Teng 24.08.2023; Dotson 20.09.2023)

Der zweite dargestellte Petitionsfall wendet sich fragen des Tierschutzes zu. Bereits 1989 trat in Taiwan u.a. auch auf internationales Drängen hin der erste Wildlife Conservation Act (Zhonghua minguo yesheng dongwu baohufa 中 華 民 國 野 生 動 物 保 護 法) in Kraft. 1998 erließ das taiwanesische Parlament ein erstes Tierschutzgesetz 動物保護法, das in der Folge mehrfach geändert wurde: Einerseits konnte es in der 1998 verabschiedeten Form Tiere nicht wirksam (genug) vor gezielten Grausamkeiten schützen, andererseits erwies sich die Umsetzung als schwierig. Etwa zeitgleich mit diesen ersten gesetzlichen Schutzbestimmungen entstand in den 1990er Jahren eine breitere Tierschutzbewegung in Taiwan. Von Beginn an war die Frage des richtigen Umgangs mit streunenden Tieren ein zentrales Element der Tierschutzdebatten. Diskutiert wurde vor allem über den Schutz von Menschen vor Tollwut, parallel aber auch der Schutz von Wildtieren vor streunenden Haustieren. Dem stand das Einsperren der streuenden Tiere und ihre unzureichende Versorgung bzw. Tötung durch Unterversorgung in Tierheimen gegenüber. De facto konnte die Zahl streunender Tiere durch das Tierschutzgesetz bis heute nicht verringert werden und „viele Haustiere werden weiterhin verlassen, aufgrund mangelnden öffentlichen Bewusstseins für das Tierwohl (…)“. Seit einer Revision von 2015 stellt das Tierschutzgesetz im Sinne des Tierwohlgedankens die Vernachlässigung von Haustieren unter Strafe und sieht ein Einschreiten von zuständigen öffentlichen Stellen im Falle von Vernachlässigung oder grausamer Behandlung von Tieren vor. Personelle und finanzielle Grenzen ebenso wie stark limitierte Eingriffsmöglichkeiten für die eingesetzten Inspektoren schränken aber die Strafverfolgung weiter erheblich ein. (Wu und Wu 2021, 1-8, hier: 7)

Die Petition, die als Teil des Materials bereitstellt wird, richtete sich im Jahr 2022 gegen die in der Community als Vorschlag eingebrachte Wiederaufnahme der Euthanasie streunender Tiere und gegen die vorgeschlagenen Maßnahmen zur Regulierung der Fütterung streunender Katzen und Hunde (恢復流浪動物安樂死與規範餵食流浪貓狗). Gemäß dem Vorschlag sollten Hunde und Katzen, die v.a. in abgelegenen gebirgigen Gegenden streunend aufgefunden werden, zum Schutz der öffentlichen Gesundheit und wildlebender Tierarten nach einer vorübergehenden Unterbringung in Tierheimen im Falle einer Nicht-Vermittlung innerhalb eines klar definierten Zeitraums euthanasiert werden können. Parallel dazu sollte das Füttern streunender Tiere strenger reglementiert werden (Fütterung nur an zugelassenen Orten und mit Lizenz sowie Verpflichtung zur Reinhaltung der entsprechenden Orte). Die Positionen zur Sachfrage wurden im Rahmen einer online übertragenen Präsenzveranstaltung unter den Gegnern und Befürwortern öffentlich und auf der Plattform Join selbst ausgetauscht. Hinterfragt wurde u.a.,

- ob Euthanasie und Fütterungsverbot hinreichend die Ursachen des Phänomens streunender Tiere lösen können;

- ob der Schutz von Wildtieren vor streunenden Katzen und Hunden höher zu bewerten sei als der Schutz von streunenden Katzen und Hunden vor gezielter Tötung;

- ob eine Tötung von Tieren in überfüllten Tierheimen (mit Vorrang für solche Tiere, die krank sind) angemessen sein könnte, um dann für die restlichen dort lebenden Tieren eine höhere Chance auf Vermittlung zu ermöglichen.

(„Resuming the Euthanasia of Stray Animals and Standardizing the Feeding of Stray Cats and Dogs - Tips - Public Policy Online Participation Platform“ 13.01.2023)

Das zuständige Ministerium für Landwirtschaft führte in Reaktion auf die Petition u.a. an, dass Artikel 12 des Tierschutzgesetzes die Tötung von Tieren vorsehe, wenn diese die öffentliche Gesundheit bedrohen. Der Wildlife Conservation Act sehe ferner in Artikel 10, 13 und 14 vor, dass für ausgewiesene Wildtier-Schutzgebiete Verwaltungsvorschriften verbotene Verhaltensweisen (z.B. Fütterung von streunenden Tieren) vorsehen können. Den zuständigen Behörden obliege es, im Falle einer Gefährdung von Wildtieren angemessene Maßnahmen zu ergreifen. Das Ministerium verwies ferner darauf, dass die für Haustiere zuständige Haustier-Management-Abteilung im Landwirtschaftskomitee des Exekutivyuans mit den Forstbehörden, den Verwaltungen von Nationalparks und Tierschutzeinrichtungen zusammenarbeiten werde, um mit Hilfe regionaler Vorschriften das Füttern und die Entfernung von streunenden Tieren zu koordinieren.

Josie-Marie Perkuhn, 15.12.2023.

Weiterführende Literatur

asdfghigh. 2023. Resuming the euthanasia of stray animals and standardizing the feeding of stray cats and dogs - Public Policy Online Participation Platform. Online-Partizipationsplattform für öffentliche Verwaltung und Politik. 公共政策網路參與平臺 Join. 13. Januar. https://join.gov.tw/idea/detail/f13ea7d4-3d6d-4dca-8f0c-252d075dfe9a (zugegriffen: 1. Februar 2024). Zitieren
Dotson, John. 2023. Taiwan Announces an Increased Defense Budget for 2024. Global Taiwan Institute. 20. September. https://globaltaiwan.org/2023/09/taiwan-announces-an-increased-defense-budget-for-2024/ (zugegriffen: 1. Februar 2024). Zitieren
Mark. 2022. Increase the defense budget to above 5% of GDP by 2027 - Public Policy Online Participation Platform. Online-Partizipationsplattform für öffentliche Verwaltung und Politik. 公共政策網路參與平臺 Join. 12. Oktober. https://join.gov.tw/idea/detail/374d2fbf-fa36-4fe5-95c7-2705209a3228 (zugegriffen: 31. Januar 2024). Zitieren
Teng, Pei-ju. 2023. Taiwan’s defense spending to reach record NT$606.8 billion in 2024 - Focus Taiwan. Nachrichten. Focus Taiwan - CNA English News. 24. August. https://focustaiwan.tw/politics/202308240029 (zugegriffen: 1. Februar 2024). Zitieren
Wu, Shih-Yun und Chang-Hsien Wu. 2021. Examining Taiwan animal welfare legislation from the empirical perspective of law enforcement. Global Journal of Animal Law: 1–51. Zitieren