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Autor: China-Schul-Akademie (Odila Schröder, Jonas Schmid) | Titel: Das Bildungssystem der Volksrepublik China | Datum: 2021 | Rechte: Creative Commons Lizenz CC BY-SA 4.0 | Text des Erklärvideos: Wie ist das Bildungssystem der Volksrepublik China aufgebaut?
Der grundlegende Aufbau des Bildungssystems in der Volksrepublik China ähnelt stark der Situation in Deutschland: Nach ein paar Jahren im Kindergarten beginnen die meisten chinesischen Kinder im Alter von sechs Jahren die Grundschule zu besuchen. Nach sechs Jahren Grundschule folgen an einer anderen Schule drei Jahre der „Unteren Mittelschule“. Nach dem erfolgreichen Bestehen einer Prüfung folgen drei Jahre „Obere Mittelschule“. Ähnlich wie die Sekundarstufe II bzw. Oberstufe in Deutschland bereitet die „Obere Mittelschule“ die Schüler*innen auf eine Hochschulzugangsprüfung vor. Diese Prüfung, sozusagen das chinesische Abitur, ist landes- und weltweit unter der Abkürzung Gaokao 高考 bekannt. Das erfolgreiche Bestehen der Gaokao ist Voraussetzung für das Studium an einer Universität oder Hochschule. Die meisten Chines*innen beginnen ihr Universitätsstudium direkt nach der Gaokao mit 18 Jahren. Ein Bachelorstudium dauert meist vier Jahre. Wer danach einen ebenfalls vier Jahre dauernden Master studieren will, muss meistens nochmals eine Prüfung ablegen.
Neben diesem Hauptstrang des chinesischen Bildungssystems gibt es auch berufliche Schulen, die jedoch im Vergleich weniger nachgefragt werden. Der größte Unterschied zu Deutschland ist wahrscheinlich die größere Anzahl von Prüfungen: Fast vor jedem Wechsel an eine weiterführende Schule muss eine Prüfung abgelegt werden. Als am wichtigsten unter diesen Prüfungen wird die Gaokao angesehen, da sie darüber entscheidet, an welcher Universität man studieren kann.
Was wird in der Gaokao abgeprüft? Die Gaokao prüft die Bereiche Sprache (also Chinesisch), Mathematik, wahlweise Geistes- oder Naturwissenschaften und eine Fremdsprache (zumeist Englisch, möglich sind aber auch Japanisch, Russisch, Französisch, Deutsch und Spanisch). Nach einem Punktesystem – in den meisten Provinzen können maximal 750 Punkte erlangt werden – entscheidet sich, ob und an welcher Universität das Studium aufgenommen werden darf. Im Unterschied zum deutschen Abitur spielt dabei jedoch nur die Punktzahl in der Prüfung selbst eine Rolle, die Noten aus den vorangegangenen Schuljahren fließen nicht in die Punktzahl mit ein. Mit einer hohen Punktzahl in der Gaokao kann man an einer bekannten und angesehenen Universität studieren. Ein Studium an einer landesweit renommierten Universität gilt als Statussymbol und erhöht die Aussichten auf einen Job mit gutem Einkommen. Deshalb hat die Gaokao gesellschaftlich einen hohen Stellenwert und Schüler*innen bereiten sich meist sehr intensiv darauf vor.
Was für Unterschiede gibt es innerhalb der Volksrepublik China? Trotz ähnlicher Elemente in allen Schulen der Volksrepublik China – Schuluniformen, Prüfungen, oft einheitliche Schulbücher, Flaggenzeremonien und gemeinsame sportlichen Mittagspausen – gibt es auch deutliche Unterschiede und Ungleichheiten: Die Aufgaben der Gaokao-Prüfungen beispielsweise sind nicht im ganzen Land gleich. Für Kandidat*innen aus den großen Städten wie Beijing oder Shanghai ist aufgrund von Quotenregelungen die Chance an eine bekannte Universität zu gelangen deutlich größer als für die Schüler*innen im Rest des Landes. Auch gibt es in den Städten bessere Lehrer*innen, bessere Schulinfrastruktur und bessere außerschulische Lernangebote. Erfolg in der Gaokao hängt daher statistisch gesehen vor allem mit soziodemographischen Faktoren wie dem Bildungsstand der Eltern, dem Wohnort und der finanziellen Situation der Familie zusammen. Offiziell gilt seit 1986 in der Volksrepublik China eine neun-jährige Schulpflicht: Während in den wirtschaftlich starken, urbanisierten Regionen des Landes fast alle Kinder eines Jahrgangs eine weiterführende Schule besuchen, sieht die Realität für einen Großteil der Kinder auf dem Land anders aus: Ein Fünftel der Jugendlichen in ländlichen Gegenden der Volksrepublik China schaffen keinen weiterführenden Schulabschluss. Die Unterschiede innerhalb der Volksrepublik China sind also groß und Aussagen über das chinesische Bildungssystem als Ganzes schwierig. Wer mehr wissen will, muss also genauer hinschauen.
| Einordnungstext: Der Text und die Bilder des Erklärvideos wurden von Jonas Schmid und Odila Schröder, Mitarbeiter*innen der China-Schul-Akademie an der Universität Heidelberg erstellt. Er basiert auf der in den kommentierten Literaturhinweisen angegebenen wissenschaftlichen Literatur. Einen guten grundlegenden Überblick über den Aufbau des aktuellen Bildungssystems in der Volksrepublik China und die Hochschulzugangsprüfung gibt Schulte (2014). Weitere Informationen und Daten zum im Erklärvideo gezeigten Schaubild finden Sie in den Weiterführenden Informationen zu M1.2.
(Jonas Schmid, 30.11.2021) Verwendete Literatur Schulte, Barbara. 2014. Chinas Bildungssystem im Wandel: Elitenbildung, Ungleichheiten, Reformversuche. In: Länderbericht China, hg. von Doris Fischer und Christoph Müller-Hofstede, 499–541. Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung. https://portal.research.lu.se/portal/files/5875782/4905397.pdf. Zitieren
Guter und knapper Überblick über das Bildungssystem in der Volksrepublik China, die historische Entwicklung, aktuelle Debatten und Entwicklungen (z.B. Ungerechtigkeiten im Bildungssystem und neue Lerninhalte). |