Unruhig, verstört? – Weiterführende Informationen

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AutorTitelDatumObjektbeschreibungRechteEinordnung
Urheber*in: Gong Linna 龚琳娜 (1975- ), Robert Zollitsch (1966- )Titel: „Unruhig, verstört“ (tante 忐忑)Entstehungsdatum und -ort: Zuerst erschienen 2006 auf dem Album Gedanken in stiller Nacht (Jing ye si 静夜思), Videoaufnahme entstanden bei den offiziellen Feierlichkeiten zum Frühlingsfest in Beijing 2010, ausgestrahlt vom Musiksender des chinesischen Zentralfernsehens CCTV 15 (Zhongguo Zhongyang Dianshitai 中国中央电视台), Februar 2010.Objektbeschreibung: Lied der chinesischen Sängerin Gong Linna 龚琳娜 (1975- ), komponiert von ihrem deutschen Ehemann Robert Zollitsch.

Versionen: Original: Gong, Linna 龚琳娜, und Robert Zollitsch. 2006. Tante 忐忑 [Unruhig, verstört]. Jing ye si. https://open.spotify.com/track/2i944bvOA0sC7hDgKxYOON.

Aufnahme 2010: Gong, Linna 龚琳娜, und Robert Zollitsch. 2010. Tante 忐忑 [Unruhig, verstört]. Beijing: CCTV 15. http://tv.cctv.com/2010/02/20/VIDEZ9d522Lc14RVfvP4ryUa161031.shtml [25:40-29:27].

Auch hier: https://www.youtube.com/watch?v=fNF4siu5vAo

Einordnung:

Entstehungskontext

Das Lied „Unruhig, verstört“ (tante 忐忑) erschien schon 2006 auf dem Album Gedanken in stiller Nacht (Jingyesi 静夜思, der Titel ist der eines Gedichtes des Tang-zeitlichen Poeten Li Bai 李白, das ebenfalls auf dem Album vertont ist). Es handelte sich dabei um das dritte Album, das Gong und Zollitsch gemeinsam produzierten. Erst mit der Aufführung 2010 und der Verbreitung durch chinesische Popstars online erlangte das Lied und damit auch Gong Linna und Robert Zollitsch große Bekanntheit.

Liedtext

Der Text ist lautmalerisch/onomatopoetisch und hat keine unmittelbare semantische Ebene. Die Aussprache wird gelegentlich mit chinesischen Zeichen approximiert, diese entsprechen jedoch nicht dem eigentlichen Text.

Interpretin: Gong Linna 龚琳娜 (1975– )

Die Sängerin Gong Linna wurde 1975 in der Stadt Guiyang im Südosten Chinas geboren, trat schon früh öffentlich auf und studierte zwischen 1995 und 1999 am China Conservatory of Music (Zhongguo Yinyue Xueyuan 中国音乐学院) in Beijing volkstümlichen chinesischen Gesang (minzu shengyue 民族声乐). Direkt im Anschluss gewann sie einen 2. Platz beim Fernsehwettbewerb für junge Gesangstalente des Staatsfernsehens CCTV. Ihr Karriereweg änderte sich radikal, als sie 2002 Robert Zollitsch kennenlernte. Mit ihm gründete sie das Ensemble Fünf Elemente (Wuxing Yuedui 五行乐队), das chinesische und deutsche Instrumente und Volksmusiken verbindet und bis 2010 fünf Alben produzierte. Zwischen 2002 und 2008 lebten und arbeiteten Gong und Zollitsch in Europa, bevor sie nach China zurückkehrten. 2010 erlangte Gong Linna durch die Aufführung des Liedes „Unruhig, verstört“ bei der Musikgala zum Frühlingsfest in Beijing breitere Bekanntheit, v.a. in China. Sie ist weiterhin als Sängerin tätig, hat weitere sieben Alben veröffentlicht und tritt regelmäßig im chinesischen Fernsehen auf.

Komposition: Robert Zollitsch (Lao Luo 老鑼, 1966– )

Robert Zollitsch wurde 1966 in München geboren, lernte die bayerische Zither und studierte zwischen 1986 und 1990 in Berlin Musiktheorie. 1993 zog Zollitsch mit einem Stipendium nach Shanghai, um traditionelle chinesische Instrumente zu erlernen und tourte in den 1990er Jahren mit verschiedenen chinesischen Ensembles, unter anderem mit der mongolischen Sängerin Urna Chahar-Tugchi (Урна Цахар Тугч, 1969- ). 2002 lernte er die Sängerin Gong Linna kennen, seitdem produzieren beide gemeinsam Musik. Zollitsch greift dabei auf traditionell chinesische Spielweisen und Ausdrucksmittel zurück und schafft so eine für Neue Musik aus China ungewöhnliche Klangsprache. Zollitsch ist bis heute als Komponist, Produzent und Ethnomusikologe tätig und betreibt ein eigenes Musiklabel, Kuku Music.

Musikalische Gestaltung:

  • Die Gesangsstimme wird von einem gemischten Ensemble, bestehend aus chinesischem Yangqin 扬琴 (auch Hackbrett, Kastenzither oder Dulcimer genannt, ähnliche Instrumente sind auch in der Alpenregion verbreitet), Cello, Sheng (chinesische Mundorgel), Dizi 笛子 (chinesische Flöte), begleitet. Die Begleitung orientiert sich direkt an der Gesangsstimme, mit Ausnahme eines kurzen Solos des Yanqin etwa in der Mitte des Stückes.
  • Form: Vorspiel, A (Vorstellung der Themen), A (Wiederholung), Zwischenspiel (B), Stimme, Zwischenspiel mit Hackbrett-Solo, Stimme, Zwischenspiel, erster Höhepunkt (C), A, B‘ verlängert und mit Stimme, Höhepunkt, Ende.
  • Als Lautmalerei können die Silben in der Gesangsstimme teils an chinesische Schlaginstrumente, aber auch die onomatopoetischen Elemente chinesischer Opernformen oder das traditionelle Genre shuochang 说唱 (Sprechgesang) erinnern.
  • Das Stück ist stimmtechnisch anspruchsvoll, sowohl was Stimmumfang als auch was Stimmbehandlung und -technik angeht.
  • Langgezogene Linien in der Gesangsstimme evozieren ländliche Gesänge, insbesondere südchinesischer Minderheiten.
  • Die teils raue Stimmbehandlung in den tieferen Lagen könnte auf mongolische Gesänge anspielen.
  • Stilistisch ist das Lied ungewöhnlich, die Komposition sollte auch vor dem Hintergrund beständiger Bemühungen chinesischer Komponist*innen um eine distinkt „chinesische“ Musiksprache verstanden werden.

Visuelle Gestaltung

  • Es handelt sich um einen Live-Mitschnitt der Gala, im Hintergrund sind Chor und Orchester vorangegangener Nummern sowie das Banner mit dem Titel der Veranstaltung zu sehen.
  • Gestik und Mimik (etwa die stilisierten Handgesten zu Beginn, aber auch die ausschweifenden Armgesten am Ende) spielen auf die Gepflogenheiten chinesischer Opernformen an.
  • Besonders die Gestik und Mimik der Sängerin, aber auch der Begleitinstrumentalisten in dieser Aufführung riefen beim chinesischen Publikum Erstaunen und Begeisterung hervor.

Weiterhören

Franzen, Stefan. 2013. ‘Chinas New Folk Diva beim TFF 2012’. 3 January 2013. https://www1.wdr.de/kultur/musik/musikkultureneuropas110.html.

Gong Linna: https://www.youtube.com/@gonglinnamusic und https://open.spotify.com/artist/3QJqpcAsMWUIEWfY0qxC6w/discography/all

Robert Zollitsch: http://www.laoluomusic.cn/works

Urna: https://urna.com/film-video/

 
Weiterführende Literatur

Gong Linna 龚琳娜, and Robert Zollitsch. 2016. Zou ziji de lu 走自己的路 [Den eigenen Weg gehen]. Xiandai chubanshe.

Franzen, Stefan. 2013. Chinas New Folk Diva beim TFF 2012. 1. März. https://www1.wdr.de/kultur/musik/musikkultureneuropas110.html. Zitieren
龚琳娜 und Robert Zollitsch. 2016. 走自己的路. Xiandai chubanshe. Zitieren