Zeitleiste
Der Blick zurück auf die jüngere, „moderne“ Geschichte Chinas ist wichtig, um aktuelle Entwicklungen und Probleme in der Volksrepublik China, Greater China und weltweit in ihrer historischen Tiefe begreifen zu können: Für das Selbstverständnis der Volksrepublik China, ihre Beziehungen mit dem Ausland und die Legitimität der Kommunistischen Partei Chinas beispielsweise spielt die Geschichte des 19. und frühen 20. Jahrhunderts, die bestimmt war von quasi-kolonialen Abhängigkeitsverhältnissen, auch heute noch eine wichtige Rolle (siehe dazu auch das Lernmodul China und das Ausland im Spiegel chinesischer Karikaturen). Auch aktuell in den Medien oft erwähnte Entwicklungen – wie 2020/21 etwa die Beziehungen zu Taiwan, die Geschehnisse in Hong Kong, der Umgang mit Minderheiten und die Bevölkerungsproblematik in der Volksrepublik China, haben historische Wurzeln, mit denen man sich, um ein multiperspektivisches Verständnis zu erlangen, auseinandersetzen muss.
Ein Schwerpunkt der Zeitleiste liegt auf den Beziehungen Chinas mit dem Ausland, die sich in den letzten 200 Jahren deutlich gegenüber früher verändert haben. Ausländische Ideen wurden seit dem 19. Jahrhundert in China vermehrt auf- und übernommen – sogar dann, wenn sie chinesischen Ideen deutlich entgegenstanden. Sie spielen außerdem bis in die Gegenwart hinein eine große Rolle – das etwa zeigt der Umgang mit Homosexualität beziehungsweise queerem Leben in China. Um einen direkten Bezug zu den Lebenswelten der Schüler*innen in Deutschland herzustellen, tauchen an vielen Stellen in der Zeitleiste auch Verbindungen zur deutschen beziehungsweise europäischen Geschichte auf – das scheinbar „ferne“ China und seine Geschichte rückt so erstaunlich nah. Natürlich könnte man – um aktuelle Entwicklungen zu verstehen – noch viel weiter in die Tiefen der Geschichte Chinas zurückgehen: Die Kommunistische Partei Chinas beruft sich beispielsweise immer wieder auf eine angeblich „fünftausendjährige Geschichte“ Chinas.
Diese Zeitleiste beginnt jedoch im Jahr 1800. Offiziell wird in der Volksrepublik China das Jahr 1840 (mit dem Opiumkrieg zwischen Großbritannien und der Qing-Dynastie) als Beginn der “modernen Geschichte” Chinas (wörtlich: „jüngere Geschichte“ jindai shi 近代史) gesehen. [Ministry of Foreign Affairs 2014; Wilkinson 2000, 6-9] Chinesische und japanische Historiker*innen vor der Gründung der Volksrepublik China 1949 haben den Beginn der Neuzeit beziehungsweise Moderne in China jedoch noch viel früher gesehen – teilweise bereits im 8. Jahrhundert unserer Zeitrechnung. [Mittag 2003; Zurndorfer 1997) Auch Historiker*innen außerhalb Asiens sind sich uneinig, wann man den Beginn der „Moderne“ in China ansetzen soll. In Überblickswerken und Unterrichtsmaterialien beginnt die moderne chinesische Geschichte teils im 17. Jahrhundert mit der Errichtung der Qing-Dynastie [Spence 2008], teils um 1800 mit dem Erscheinen umgangssprachlicher Romane [Asia for Educators 2020, teils Mitte des 19. Jahrhunderts mit dem Opiumkrieg [Epkenhans/Geiger/Lange 2008], teils 1912 mit dem Ende des Kaiserreichs und der Gründung der Republik China [Vogelsang 2013] oder 1919 mit der sogenannten 4. Mai-Bewegung, die eine “neue Kultur” nach westlichem Vorbild für China forderte [Bratvogel/Lendzian 2009].
Periodisierungsschemata und Bezeichnungen wie „moderne chinesische Geschichte“ sind also immer Konstruktionen und Interpretationen und können problematisch werden, da sie Brüche konstatieren und damit Kontinuitäten verdecken und Abgrenzungen konstruieren, die in der Zeit selbst im Alltag vieler Menschen weniger eine Rolle spielten (siehe beispielsweise den Eintrag zur Revolution 1911 in d er Zeitleiste unten).Die historischen Wurzeln aktueller Entwicklungen in China reichen teilweise kürzer in die Vergangenheit zurück und teilweise länger – manche gehen weit über das Jahr 1800 hinaus. Der Beginn der Zeitleiste im Jahr 1800 ist also nur ein möglicher Anfangspunkt unter vielen. Die wichtigen Ereignisse und Entwicklungen der jüngeren (oder „modernen“) Geschichte Chinas lassen sich außerdem nur schwer auswählen und zusammenfassen – und sind darüber hinaus auch immer vom Standpunkt des*der Betrachter*in abhängig. Jede Geschichtserzählung – und also auch jede Zeitleiste – ist eine Auswahl und bietet damit eine bestimmte Art der Rekonstruktion und auch Interpretation der Vergangenheit.
Die Zeitleiste erhebt daher nicht den Anspruch auf Vollständigkeit. Sie gibt keinen Überblick über die chinesische Geschichte, sondern Anregungen zur Beschäftigung mit ausgewählten Ereignissen, Personen und Entwicklungen. In der Zeitleiste finden sich ereignisgeschichtlich und politikgeschichtlich Relevantes, aber auch Informationen zu Trends in Gesellschaft, Kultur, Wissenschaft und Technik und zu bestimmten Persönlichkeiten, die – jede*r auf seine*ihre Weise – die chinesische Geschichte miterlebt und -geprägt haben. Diese Auswahl ist nur eine mögliche Geschichtserzählung, zu der viele weitere Elemente hinzugefügt werden könnten. Falls Ihnen wichtige Ereignisse, Entwicklungen, Personen oder Themen fehlen, melden Sie sich gerne bei uns. Auch von unserer Seite werden wir die Einträge weiter ergänzen.
Verwendete Literatur
Quellensammlung (nur Textquellen) zur Überblicksdarstellung von Spence. Wie die Darstellung von Spence beginnt der Band mit Quellen zum China des 17. Jahrhunderts und endet in den frühen 1990er-Jahren. Der Fokus liegt auf politik- und ereignisgeschichtlichen Quellen.
Überblicksdarstellung zur chinesischen Geschichte von den Mongolen im 13. Jahrhundert bis zur Gründung der Volksrepublik China 1949 von einer sinologischen Expertin für die chinesische Geschichte des 18. bis frühen 20. Jahrhunderts.
Englischsprachige Quellensammlung (nur Textquellen) mit aus dem Chinesischen übersetzten Texten zu Kultur, Ideengeschichte und Politik von 1600 bis in die 1980er-Jahre. Auch Textquellen zur Geschichte des Christentums in China.
Deutsche Übersetzung eines Werkes der bekannten Sinologin Patricia Ebrey. Reich bebilderter Überblick über die Geschichte des alten Chinas. Begleitend erschienen ist: Ebrey, Patricia Buckley, ed. 1993. Chinese Civilization: A Sourcebook. 2. ed., reviewed and expanded, [3. print]. New York, NY: Free Press. Dabei handelt es sich um eine englischsprachige Quellensammlung von den Anfängen der chinesischen Geschichte im zweiten Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung bis zu den Protesten 1989. Der Fokus der ausgewählten Textquellen liegt auf gesellschaftlichen und kulturellen Themen.
Englischsprachige Quellensammlung von den Anfängen der chinesischen Geschichte im zweiten Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung bis zu den Protesten 1989. Der Fokus der ausgewählten Textquellen liegt auf gesellschaftlichen und kulturellen Themen.
Themenheft des Klett-Verlags das neben mehreren Materialien für den Unterricht (Text- und Bildquellen) auch kurze einführende Texte zur chinesischen Geschichte vom 19. Jahrhundert bis 1949 bietet. Verfasst von Nicht-Sinolog*innen (ein Sinologe war beratend tätig) bieten die Darstellungen und Quellen dennoch einen guten Überblick.
Älteres Werk eines bekannten amerikanischen Sinologen mit einem klaren Fokus auf Politik- und Ereignisgeschichte. Entsprecht in Teilen nicht mehr dem aktuellen Stand der Forschung.
Die Bände 10 bis 15 der Reihe Cambridge History of China decken die Zeit von 1800 bis 1990 ab. Die Cambridge History of China gilt als das Standardwerk für die Geschichte Chinas, deren verschiedene Kapitel von bedeutenden Sinolog*innen verfasst wurden. Die Bände zur Zeit ab 1800 erschienen in den Jahren 1978 bis 1991 und entsprechen somit in Teilen nicht mehr dem aktuellen Stand der Forschung.
Ein knapper Überblick über die chinesische Geschichte seit 1800 mit einigen Quellen zu wichtigen Ereignissen oder Entwicklungen im Anhang. Der Fokus liegt auf der Politik- und Ereignisgeschichte. Eignet sich als Einstieg in die Thematik für Neulinge. Im Anhang sind einige Quellen zur Zeitgeschichte Chinas zu finden, die von den Autoren ins Deutsche übersetzt wurden – der Großteil der Quellen stammt aber aus der älteren Sekundärliteratur. Mögliche Leitfragen, die auch im Unterricht zur modernen chinesischen Geschichte, die auch im Unterricht behandelt werden könnten, werden angerissen: War die Gründung der Volksrepublik China eine nationale oder eine soziale Revolution? Ist China heute noch sozialistisch? Ist China auf dem Weg zur Weltmacht?
Von einem Sinologen verfasste Darstellung der chinesischen Geschichte seit 1800. Ein sehr guter und knapper narrativer Überblick über die chinesische Geschichte ist auf den Seiten 31 bis 64 zu finden. Darüber hinaus analysiert Klein die moderne chinesische Geschichte aus verschiedenen thematischen Blickwinkeln: Klein stellt die Veränderung der Ideologien, der Verfassungen, der politischen Elite, der sozialen Kontrolle dar und zeichnet Konflikte und Kooperation in China (beispielsweise zwischen Stadt und Land) sowie zwischen China und dem Ausland (Missionare, Weltwirtschaft, Imperialismus, UN) nach. Im Text finden sich auch immer wieder spannende Quellenausschnitte.
Band mit Darstellungstexten sowie Bild- und Textquellen zur Beschäftigung mit der chinesischen Geschichte von ihren Anfängen bis in 20. Jahrhundert im Geschichtsunterricht. Eingegangen wird für die Zeit ab 1800 auf die Erfahrungen mit dem Imperialismus, Konflikte mit Japan, Bürgerkriege, die Herrschaft der KPCh unter Mao sowie Marktwirtschaft und Sozialismus. Ein Fokus liegt auf der Politik- und Ereignisgeschichte. Unter den Materialien sind auch viele Darstellungstexte aus der älteren Forschungsliteratur, die mittlerweile teilweise überholt sind.
Klaus Mühlhahn, Professor für Sinologie an der FU Berlin, zeichnet in seinem umfassenden Werk die großen Linien der chinesischen Geschichte seit der Gründung der Qing-Dnyastie Mitte des 17. Jahrhunderts nach. Für eine kritische Rezension von Mühlhahns Werk, die insbesondere die Darstellung der Qing-Dynastie kritisiert (sie verdecke die gewaltvolle Expansion der Qing im 18. Jhd.), siehe: James Millward (2020): We need a new approach to teaching modern Chinese history.
Die beiden Bände des Sinologen Helwig Schmidt-Glintzer bieten einen aktuellen, knapp gefassten Überblick zur Geschichte des alten und neuen China.
Ein Klassiker aus dem englischsprachigen Raum, der bis heute als Überblickslektüre für angehende Sinologiestudent*innen verwendet wird. Unterhaltsam geschrieben deckt Spence die Zeit von der späten Ming (Beginn des 17. Jahrhunderts) bis zu den Protesten 1989 ab. Darüber hinaus finden sich hier viele schön gestaltete Karten zu wesentlichen Ereignissen und Entwicklungen. Mit knapp 900 Seiten Text sehr umfangreich. Für das 19. und 20. Jahrhundert jedoch bis heute das Standardwerk.
Überblick über Entwicklungen der chinesischen Politik, Kultur und Gesellschaft zwischen 1895 und 1980. Gut lesbar geschrieben und weniger umfangreich als Spences "Chinas Weg in die Moderne".
Englischsprachiges Original von Spences Überblickswerk.
Sehr knapper ereignis- und politikgeschichtlicher Überblick über die Geschichte Chinas im 20. Jahrhundert.
Um seinen Durchgang durch die chinesische Geschichte von ihren mythischen Anfängen vor tausenden von Jahren bis in die Gegenwart zu illustrieren, liefert der Autor viele kurze Auszüge aus chinesischen historischen Quellen, die sonst nicht in übersetzter Form auf Deutsch vorliegen. Seine Bewertungen historischer Ereignisse sollten jedoch nicht immer als abschließender Forschungsstand verstanden werden (beispielsweise kämpften im Opiumkrieg keine chinesischen Bauernmilizen, sondern schlecht ausgestattete und schlecht organisierte Berufssoldaten gegen Großbritannien). Die „kleine“ Geschichte Chinas benötigt mit knapp 400 Seiten im Reclam Universalbibliotheksformat einen gewissen Zeitaufwand für die Lektüre. Eine noch ausführlichere Darstellung mit mehr Details und größerem, angenehmeren Schriftbild ist Kai Vogelsang (2012): Geschichte Chinas. Stuttgart: Reclam.
Um seinen Durchgang durch die chinesische Geschichte von ihren mythischen Anfängen vor tausenden von Jahren bis in die Gegenwart zu illustrieren, liefert der Autor auch viele kurze Auszüge aus chinesischen historischen Quellen, die sonst nicht in übersetzter Form auf Deutsch vorliegen. Seine Bewertungen historischer Ereignisse sollten jedoch nicht immer als abschließender Forschungsstand verstanden werden (beispielsweise kämpften im Opiumkrieg keine chinesischen Bauernmilizen sondern schlecht ausgestattete und schlecht organisierte Berufssoldaten gegen Großbritannien).
Autor | Kategorie | Schlagworte | Dauer | Fächerbezug | Klassenstufe(n) | Bezug zu Lehrplänen |
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Autor*in: Jonas Schmid, Stefanie Elbern, Odila Schröder, Marjolijn Kaiser, Barbara Mittler, Frederike Schneider-Vielsäcker (Alle nicht anders ausgezeichneten Texte wurden vom Autor/von der Autorin verfasst oder von ihm/von ihr übersetzt.) | Kategorie: Geschichte | Schlagworte: Geschichte, Volksrepublik China, Greater China, Taiwan, Hongkong, Gesellschaft, Kultur, Außenbeziehungen, Politik, Wissenschaft & Technik | Dauer: 45-90 min | Fächerbezug: Geschichte, Chinesisch als Fremdsprache | Klassenstufe(n): 9-12 | Bezug zu Lehrplänen: Neben der Verwendung im Fach Geschichte eignet sich die Arbeit mit der Zeitleiste auch, um in anderen Fächern einen Überblick über die jüngere chinesische Geschichte zu erarbeiten.
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Methodische Kompetenzen:
Die Schüler*innen können…
- ausgehend von den Einträgen der Zeitleiste eigensinnige , selbst verfasste Geschichtserzählungen entwickeln.
- …geläufige Geschichtserzählungen über „die chinesische Geschichte“ überprüfen und Bezeichnungen wie „China“ und „chinesisch“ differenziert betrachten.
- …erkennen und diskutieren, inwieweit unterschiedliche Blickwinkel, Wertvorstellungen und Fragestellungen Geschichtserzählungen beeinflussen.
Inhaltliche Lernziele:
Die Schüler*innen können…
- …ausgewählte Ereignisse, Entwicklungen, Objekte, Ideen und Personen der chinesischen Geschichte seit 1800 nennen und skizzieren.
- …Ursachen, Folgen und Bedeutung ausgewählter Ereignisse und Entwicklungen der chinesischen Geschichte seit 1800 erläutern.
- …können ausgewählte Ereignisse, Entwicklungen, Objekte, Ideen und Personen der chinesischen Geschichte seit 1800 in den historischen Kontext einordnen und in Beziehung zueinander setzen.
- …Bezüge, Verbindungen und Zusammenhänge zur deutschen, europäischen beziehungsweise globalen Geschichte erschließen und gegebenenfalls Entwicklungen der chinesischen Geschichte mit historischen Entwicklungen weltweit vergleichen.
- …die Bedeutung der chinesischen Geschichte seit 1800 für Politik, Gesellschaft und Kultur des gegenwärtigen China – auch im globalen Kontext – analysieren.
Die Zeitleiste in diesem Lernmodul ist nur eine Interpretation der chinesischen Geschichte sei 1800. Die Zeitleiste als Ganzes oder in Teilen lässt sich beliebig im Unterricht einsetzen – unter anderem als Informationsquelle für Referate oder als Hintergrundinformation zu bestimmten Abschnitten der jüngeren chinesischen Geschichte (z.B. China und die internationale Gemeinschaft, Geschichte der Volksrepublik China, Frauenfiguren in China). Eine stark kondensierte Variante dieser Zeitleiste mit einem Fokus auf Politik und Gesellschaft in Form eines Plakates kann ebenfalls im Unterricht verwendet werden.
Dieser methodisch-didaktische Kommentar gibt beispielhaft einige Arbeitsaufgaben für die Arbeit mit der Zeitleiste im Unterricht. Neben Aufgaben, die vor allem auf das Kennenlernen und Orientieren in der jüngeren chinesischen Geschichte abzielen, werden auch Transfer- und Reflexionsaufgaben vorgestellt. Darüber hinaus können Schüler*innen auch frei und kreativ mit der Zeitleiste arbeiten und selbst eigensinnige Geschichtserzählungen entwickeln. Da die Produkte der Schüler*innen je nach persönlichen Interessen und individuellem Kenntnisstand sehr unterschiedlich ausfallen können, enthält das Modul keine Musterlösungen.
Mögliche Aufgaben zur Arbeit mit der Zeitleiste:
Vor der Arbeit mit der Zeitleiste: Die Schüler*innen sammeln (z.B. auf Post-Its oder kleinen Zetteln) in Einzelarbeit, Gruppenarbeit oder im Plenum, welche Ereignisse, Entwicklungen und Personen sie aus der chinesischen Geschichte ab 1800 kennen. Dann wird versucht diese auf einem Zeitstrahl an der Wand oder auf dem Boden im Klassenzimmer korrekt anzuordnen. Die Anordnung kann dann anhand der Zeitleiste online überprüft werden. (Die Arbeit mit Post-Its oder Zetteln lässt sich auch gut mit den folgenden Aufgaben kombinieren.)
1. Zusammenfassen: Die Titel der Zeitleisteneinträge werden auf Blätter ausgedruckt oder aufgeschrieben und im Klassenraum verteilt. Jede*r Schüler*in sucht sich einen Eintrag aus, liest den entsprechenden Zeitleisteneintrag online durch und fasst diesen auf dem Blatt Papier knapp zusammen. Dabei können folgende Leitfragen hilfreich sein: Was waren die Auslöser für dieses Ereignis bzw. diese Entwicklung? Was ist passiert? Welche Folgen hatte es? Welche Bedeutung hat das Ereignis oder die Entwicklung heute?
2. Auswahl treffen: Die Schüler*innen und Schüler bearbeiten in Gruppen jeweils ein Jahrzehnt (für die Zeit vor 1900 gegebenenfalls auch einen Abschnitt von 20 Jahren), lesen sich die Einträge ihres Jahrzehntes durch und wählen zwei bis drei Einträge aus, die sie für besonders bedeutsam halten. Diese Einträge werden dann zusammengefasst und schriftlich in einer ausgedruckten Zeitleiste für die ganze Klasse festgehalten. (Im Anschluss kann auch im Plenum reflektiert werden, welchen Einfluss persönliche Wertvorstellungen und Interessen auf die Auswahl von nur scheinbar objektiv „wichtigen“ Ereignissen haben. Siehe Punkt 7 weiter unten.)
3. Auswahl treffen – Gegenwartsbezug: Die Schüler*innen wählen in Dreiergruppen aus der Zeitleiste jeweils zwei Einträge aus, die ihrer Meinung nach Politik, Gesellschaft und Kultur in China auch heute noch stark beeinflussen. Im Plenum muss die Anzahl der Einträge dann auf zehn (oder fünf) reduziert werden – gemeinsam diskutieren die Schüler*innen, welche zehn (oder fünf) Einträge dies sein sollen.
4. Bedeutende Veränderungen: Die Schüler*innen werden in Zweier- oder Dreiergruppen eingeteilt. Jede Gruppe bekommt ein thematisches Stichwort zugeteilt oder sucht sich eines aus: Beziehungen China-Ausland – Wirtschaft – Alltagsleben – Ideologien – Ideen – Krieg – Kultur – Bildung – Frauen – politisches System etc. Zu ihrem Thema gestaltet jede Gruppe ein Plakat oder eine Präsentation, auf dem sie die Veränderungen ausgehend von verschiedenen Zeitleisteneinträgen darstellen. Dabei sollen die Schüler*innen auch herausarbeiten, wie es zu diesen Veränderungen kam und wer oder was dafür verantwortlich war. Gegebenenfalls muss die Gruppe noch weitere Bilder oder Materialien recherchieren, die über die Informationen der Zeitleiste hinausgehen.
5. Familienbiographie: In Kleingruppen gestalten die Schüler*innen eine Familienbiografie – beispielsweise für eine Person oder Familie in Shanghai über einen gewissen Zeitraum hinweg (beispielsweise für eine Person von 1920 bis 1990 oder für eine Familie auch über mehrere Generationen, z. B. von 1900 bis 2000). Anhand der Zeitleiste arbeiten die Schüler*innen heraus, welche Ereignisse und Trends die jeweilige Person erlebt haben könnte. Als Ausgangsmaterial für diese Familienbiographie kann ein fiktiver kurzer Steckbrief mit Lebensdaten, Wohnort und vielleicht einem Porträt dienen.
6. Diplomat*in sein: Die Schüler*innen schlüpfen (in Kleingruppen) in die Rolle einer*s deutschen Diplomat*in (oder Journalist*in) in China. Diese*r soll für die Regierung in Deutschland einen Bericht über die aktuelle Lage in China (nach 1949: Volksrepublik China), die deutsch-chinesischen Beziehungen sowie die Ereignisse und Entwicklungen der letzten zehn Jahre verfassen. Mögliche Zeitpunkte sind beispielsweise um 1900, 1917, 1940, 1950 und 1970 (als DDR-Botschafter in der Volksrepublik China), 1990 sowie 2020.
7. Reflexion: Im Plenum reflektieren und diskutieren die Schüler*innen die Zeitleiste. Mögliche Fragen als Impulse können sein: Welche Themen und Aspekte überwiegen in der Zeitleiste? Welche Themen und Perspektiven fehlen oder wären noch interessant? Nach welchen Kriterien wurden die Einträge der Zeitleiste ausgewählt? Wie beeinflussen persönliche Erkenntnisinteressen die Auswahl wichtiger Ereignisse? Gibt die Zeitleiste die chinesische Geschichte korrekt wieder? (Insbesondere die letzte Frage regt dazu an, die Standortgebundenheit von Geschichtserzählungen zu thematisieren. Gerade auch, wenn bei einer der vorhergehenden Aufgaben die Schüler*innen ganz unterschiedliche Geschichtserzählungen zur chinesischen Geschichte entwickelt haben. Ein Vergleich verschiedener Geschichtserzählungen der Schüler*innen kann ein Einstieg in die Reflexion sein. Ein weiterer möglicher Einstieg für eine Reflexionsphase ist es, die Schüler*innen einen neuen Beginn und neuen Titel der Zeitleiste festlegen zu lassen, und dann zu vergleichen, wie sich bereits durch Anfangszeitpunkt und Titel verschiedene Geschichtserzählungen ergeben können.)
Die große Anzahl der Zeitleisteneinträge dient dazu, verschiedene Perspektiven auf die Vergangenheit zu zeigen und die chinesische Geschichte in ihrer Komplexität darzustellen. Um eine einfachere Orientierung zu ermöglichen, sind Ereignisse in der Zeitleiste grau, Einträge zu Personen schwarz und zu Objekten beziehungsweise Ideen weiß hinterlegt. Namen von Ereignissen oder Personen, die auch in anderen Zeitleisteneinträgen auftauchen, sind fett hervorgehoben.
Einige Zeitleisteneinträge enthalten außerdem Links auf Online-Enzyklopädien wie Wikipedia sowie journalistische oder wissenschaftliche Artikel. Die Verlinkungen dienen dazu, um insbesondere bei Personen einen schnellen Überblick über deren Biografie erhalten zu können – die Qualität und Korrektheit der Informationen sind, je nach Nachschlagewerk, unterschiedlich. Wir haben den Einträgen außerdem in der Regel weiterführende, wissenschaftliche Literatur hinzugefügt, um den Abgleich und die Überprüfung der Daten zu ermöglichen. Bei Fragen zu genauen Literaturnachweisen, melden Sie sich gerne per Mail ([email protected]) bei uns.
Die wissenschaftliche Literatur, auf der die Zeitleisteneinträge selbst beruhen, ist entsprechend meist mittels eines Links „Weiterführende Literatur“ am Ende eines Zeitleisteneintrags angegeben. Die angegebene weiterführende Literatur kann auch als erster Einstieg in die Recherche zu einem bestimmten Thema fungieren. In unseren kommentierten Literaturhinweisen finden Sie außerdem Einschätzungen zu einigen leicht zugänglichen Überblickswerken und Quellensammlungen zur chinesischen Vergangenheit seit 1800.
Um eine gute Lesbarkeit der Zeitleisteneinträge zu gewährleisten, wurde auf ausführliche Fußnoten und Literaturverweise in den Einträgen selbst verzichtet. Die verlinkte wissenschaftliche Literatur ist teilweise nur in Universitätsbibliotheken oder nicht digital verfügbar – falls Sie davon etwas benötigen, schreiben Sie uns gerne eine Mail ([email protected]) und wir versuchen Ihnen eine digitale Version zur Verfügung zu stellen.
Jonas Schmid
Autor*in
Jonas Schmid
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