Taiwan – „Schöne Insel“, fragiler Status
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Lerneinheit 1: Annäherung an Taiwan1 Material|1 Aufgabe
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Lerneinheit 2: Die Geschichte Taiwans1 Material|1 Aufgabe
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Lerneinheit 3: Das politische System der Republik China (Taiwan)3 Materialien|3 Aufgaben
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Lerneinheit 4: Der aktuelle Konflikt - Einzelarbeit2 Materialien|2 Aufgaben
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Lerneinheit 5: Der aktuelle Konflikt - Gruppenarbeit1 Material|2 Aufgaben
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Lerneinheit 6: Interview: Eine taiwanesische Perspektive auf den Taiwan-Konflikt1 Material|1 Aufgabe
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Lerneinheit 7: Taiwan auf internationaler Ebene3 Materialien|4 Aufgaben
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Lerneinheit 8: Die wirtschaftliche Bedeutung Taiwans
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Lerneinheit 9: Facetten taiwanesischer Identität2 Materialien|3 Aufgaben
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Lehreinheit 10: Taiwans digitale Demokratie – Ein Vorbild für Deutschland?5 Materialien|6 Aufgaben
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Ergänzende Materialien: Taiwanesische Jugendkultur im Buch3 Materialien|3 Aufgaben
M3.1: Das politische System der Republik China (Taiwan)
Zwischen 1949 – 1987 wurde Taiwan mit dem Kriegsrecht regiert. Seit Mitte der 1990er Jahre trat jedoch an die Stelle autokratischer Strukturen eine lebendige Demokratie mit für semipräsidentielle Demokratien typischen Merkmalen.
Die Republik China auf Taiwan ist eine Demokratie, die präsidentielle und parlamentarische Komponenten vereint. Die Staatsgewalt ist auf fünf Institutionen (Gewalten) aufgeteilt: Neben dem Staatspräsidenten sind der Legislativyuan (die Judikative), der Exekutivyuan (die Exekutive), der Justizyuan (die Judikative), der Prüfungsyuan und der Kontrollyuan die Verfassungsorgane des Landes. Ein Yuan (wörtl.: Hof eines Hauses) ist eine aus dem chinesischen kaiserzeitlichen Regierung Yuan mit Zeichen und Aussprache angeben und unbedingt den falschen Link zur Währung renminbi yuan rausnehmen!
Staatspräsident*in und Vizepräsident*in werden seit 1996 in allgemeinen Wahlen direkt für vier Jahre gewählt. Eine einmalige Wiederwahl ist möglich. Die/der Präsident*in ist Staatsoberhaupt und Oberbefehlshaber*in der Streitkräfte. Er/sie vertritt das Land nach außen und ernennt neben dem/der Premierminister(*in), der/die den Exekutivyuan leitet, mit Zustimmung des Legislativyuans (dem Parlament) die Präsident*innen der übrigen Verfassungsorgane, namentlich von Justiz-, Prüfungs- und Kontrollyuan.
Der Exekutivyuan ist die Regierung. Er formuliert die Politik und setzt sie um. Der Exekutivyuan besteht aus Ministerien sowie Kommissionen und Fachbehörden. Die/der Premierminister*in ist Regierungschef*in und wird von der/vom Staatspräsident*in ohne Zustimmung durch den Exekutivyuan ernannt.
Der Legislativyuan (das Parlament) prüft und verabschiedet die Gesetzgebung; er führt Anhörungen zu politischen Fragen durch und prüft Haushaltsgesetze und sowie die Regierungsführung. Der Legislativyuan kann dem/der Premierminister*in mit einfacher Mehrheit das Misstrauen aussprechen und damit die Regierung stürzen. Die Wahlperiode ist vierjährig; die Anzahl der Sitze im Legislativyuan beträgt 113. Jeder Wähler hat zwei Stimmen: eine für den Wahlbezirk und eine für eine politische Partei. 73 der 113 Sitze werden nach dem System des relativen Mehrheitswahlrechts vergeben, 34 Sitze nach Parteiliste und 6 Sitze von den Ureinwohner*innen direkt gewählt. Von den Parteilistensitzen muss jeweils mindestens die Hälfte an weibliche Abgeordnete gehen. Es gibt eine 5%-Hürde für Parteien. Verfassungsänderungen sind nur durch Bürger*innenreferendum möglich. Aktives Wahlrecht haben Bürger*innen ab 20 Jahren, passives Wahlrecht ab 23 Jahren. Bemühungen, diese Altersstufen auf 18 Jahre zu senken, scheiterten 2022.
Der Justizyuan (bestehend aus 15 Richter*innen) ist für die Auslegung der Verfassung zuständig und er beaufsichtigt alle untergeordneten Gerichte. Präsident*in und Vize-Präsident*in sowie die übrigen Richter*innen des Justizyuans werden von dem/der Staatspräsident*in mit Zustimmung des Legislativyuans ernannt.
Der Prüfungsyuan verwaltet das System des öffentlichen Dienstes (Prüfungen, Anstellung und Verwaltung des Personals/der Beamten). Der Kontrollyuan beaufsichtigt das Regierungswesen des Landes; er erhebt bei Amtsmissbrauch Anklage und maßregelt Beamte sowie Minister und stellt unabhängige Prüfberichte (Audits) für Regierungsbehörden aus.
Insgesamt gibt es mehr als 300 registrierte politische Parteien in Taiwan. Trotz dieser Vielfalt haben nur zwölf Parteien Vertreter*innen in offiziellen Ämtern. In vielen Fällen ordnen sich die Parteien einem der beiden großen politischen Lager zu: dem Lager der zur Kuomintang (KMT; dt. Nationale Volkspartei) gehörigen (informellen) „pan-blauen Koalition“ oder der dem Lager der Demokratische Fortschrittspartei (DFP) zugeordneten (informellen) „pan-grünen Koalition“. Die Farben blau und grün in den Koalitionsnamen greifen die Farben auf, die die beiden großen Parteien in ihren Parteifahnen verwenden.
Aufgrund des Mehrheitswahlrechts waren die seit 1996 durch die Bürger*innen gewählten Präsident*innen Kandidat*innen immer einer der beiden großen Parteien zugehörig. Seit 2016 stellt die DFP die Präsidentin der Republik China auf Taiwan (Tsai Ing-wen 蔡英文, 1956 -, pinyin Cai Yingwen). Im Präsidentschaftswahlkampf 2024 gewann erstmals eine dritte Partei einen bedeutenden Anteil der Stimmen: die erst 2019 gegründete Taiwanische Volkspartei (Taiwan People’s Party, TPP 台灣民眾黨). Während die DFP weiterhin den neuen Präsidenten stellt, änderten sich die Mehrheitsverhältnisse im Legislativyuan: die DFP verlor ihre Mehrheit, die meisten Sitze hält seitdem die KMT.
Zur Einsicht detaillierter Quellenangaben sowie weiterführender Informationen und Literaturhinweise zum Material besuchen Sie bitte die Plattform ChinaPerspektiven. [https://www.china-schul-akademie.de/materialien/m-taiwan-m3-1]
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