M10.2: Digitale Pioniere: Internetnutzung in Taiwan

Taiwan hat sich über drei Jahrzehnte hinweg zu einem Vorreiter für digitale Neuerungen entwickelt. Ein Beispiel hierfür waren die Gesundheitsapps, die in Taiwan während der Corona-Pandemie sehr erfolgreich zur Verbreitung von Informationen über die Krankheit, zur Identifizierung von Fällen, zur Eindämmung der Ausbreitung und Verwaltung von medizinischen Ressourcen eingesetzt werden konnten. Eine wichtige Voraussetzung dafür, dass neue Ansätze wie z.B. die Corona-App-Nutzung funktionieren, ist die hohe Zahl an aktiven Internet-Nutzer*innen in Taiwan. Anfang 2022 lag die Rate bei 91% der Bevölkerung – umgekehrt bedeutet dies, dass nur ca. 10% der Bevölkerung „offline“ lebt. Wichtigstes Zugangsmittel zum Worldwide Web ist in Taiwan das Smartphone: Für etwas mehr als die Hälfte der Online verbrachten Zeit wird ein Smartphone als Zugangsmittel verwendet. Auf knapp über acht Stunden aktive tägliche Internet-Nutzung kommen Durchschnittsbürger*innen in Taiwan heute – zum Vergleich: in Deutschland sind es im Vergleich „nur“ etwas über fünf Stunden pro Tag. 89% der taiwanesischen Bevölkerung nutzten Anfang 2022 aktiv soziale Medien, darunter vor allem den Instant Messaging-Dienst Line, Facebook, Instagram, Facebook Messenger sowie Tiktok und Twitter.

Auch andere asiatische Länder wie die Volksrepublik China, Singapur, Malaysia, Südkorea oder Japan setzen auf Entwicklung durch Innovation. Taiwans Stärke liegt in der Kombination von Innovation und sozialer Inklusion innerhalb seines demokratischen Systems: Besonders großes Gewicht legt die Regierung auf Transparenz in ihrem Regierungshandeln – Bürger*innen sollen sich in Taiwan umfassend digital über das Regierungshandeln informieren können. Die 2016 eingesetzte Digitalministerin des Landes, Audrey Tang, sieht einen großen Vorteil darin, wenn neue Methoden zur Vergrößerung der Transparenz gemeinschaftlich (also vor allem von gesellschaftlichen Gruppen) entwickelt und anschließend fortlaufend weiterentwickelt werden. Dies geschah z.B. im Rahmen der landesweiten Proteste von 2014 („Sonnenblumenbewegung“), als die dem Konflikt zugrunde liegenden Wirtschaftsverträge mit der VR China von Bürger*innen auf einer nicht-staatlichen Plattform online verfügbar gemacht und damit in der Öffentlichkeit zur Debatte gestellt wurden. Taiwanes*innen können sich heute immer noch vor Ort in Gremien engagieren und die Verwaltung des Landes mitgestalten, daneben entstehen aber fortlaufend neue, digitale Ansätze, die insbesondere junge Menschen ansprechen sollen, die gerne neue Technologien ausprobieren und nutzen. Die Bevölkerung macht begeistert mit, wenn Beteiligung über alternative und digitale Formate angeboten wird, so z.B. in Online-Foren, in denen politische Fragen zunächst diskutiert und dann in politische Entscheidungsprozesse eingefüttert werden.