M4.2: Erklärvideo: Ungleichheiten im Bildungssystem der Volksrepublik China
Das Erklärvideo gibt einen Überblick über Ungleichheiten im Bildungssystem – insbesondere zwischen Stadt und Land – in der Volksrepublik China und ihre Ursachen. Da das Video noch nicht fertiggestellt ist, wird hier vorübergehend nur der Text des Videos angezeigt.
In der Volksrepublik China gibt es große Unterschiede und Ungerechtigkeiten, vor allem zwischen den Bildungschancen in städtischen Gegenden und ländlichen Gebieten. Gesamtaussagen über das chinesische Bildungssystem zu treffen, ist also schwierig.
Wir wissen aber, dass Erfolg in der Hochschulzugangsprüfung, der Gaokao 高考, statistisch gesehen vor allem mit Faktoren wie dem Bildungsstand der Eltern, dem Wohnort und der finanziellen Situation der Familie zusammenhängt – selbst innerhalb von städtischen Gebieten:
- Wie in vielen anderen Ländern auch liegen die guten Schulen in China in teuren Wohngegenden. Der Zugang zu einer guten Mittelschule ist also oft nur durch den Umzug in eine teurere Wohnung möglich – was sich natürlich nicht alle Familien leisten können.
- Zweitens war lange Zeit der Besuch von privaten Nachhilfeschulen notwendig, um in der Gaokao und anderen Prüfungen gute Noten zu erreichen. Chinas Nachhilfemarkt hatte daher zwischenzeitlich ein enormes Volumen erreicht – Schätzungen gehen für das Jahr 2018 beispielsweise von Einnahmen des Nachhilfesektors von umgerechnet mehr als 200 Milliarden Euro aus. Im Juli 2021 griff die Zentralregierung in Beijing hart durch und schränkte gewinnorientierten Nachhilfeunterricht durch Firmen weitestgehend ein. Aus offizieller Sicht soll so der Druck auf Kinder, Jugendliche und deren Eltern verringert werden. Die Auswirkungen dieser neuen Politik werden sich erst in den nächsten Jahren zeigen.
- Drittens spielt in China (wie auch in Deutschland) das sogenannte kulturelle Kapital der Eltern eine wichtige Rolle: Je gebildeter die Eltern sind, desto wahrscheinlicher ist auch, dass ihre Kinder an einer Universität studieren. Museumsbesichtigungen, Theaterbesuche oder eine große Anzahl von Büchern daheim beispielsweise können sich vor allem Familien der städtischen Mittelschicht leisten.
Noch deutlicher werden diese Ungleichheiten und strukturelle Ungerechtigkeiten jedoch in ländlichen Gebieten. Auf dem Land sieht der Zugang zu Bildung ungleich schlechter aus. Offiziell gilt seit 1986 in der Volksrepublik China eine neunjährige Schulpflicht: Während im Durchschnitt alle Kinder mit einem städtischen Wohnsitz eine weiterführende Schule besuchen, schaffen dies 13-20% der Kinder zwischen 15 und 17 Jahren mit ländlichem Wohnsitz nicht.
Diese Schere zwischen Stadt und Land ist auch darauf zurückzuführen, dass die Gesundheit auf dem Land aufwachsender Kinder bereits kurz nach der Geburt leidet: Die oft schlechte finanzielle Lage von Eltern auf dem Land führt zu Mangelernährung, die wiederum zu Blutarmut führen und dadurch indirekt den Lernprozess beeinträchtigen kann. Auch für Krankheiten wie Darmwürmer sind diese Kinder extrem anfällig. Ein weiteres großes Problem ist Kurzsichtigkeit: Viele kurzsichtigen Schüler*innen auf dem Land können sich keine Brille leisten.
Besonders benachteiligt sind jedoch die Kinder sogenannter Wanderarbeiter*innen (nongmingong 农民工). Wanderarbeiter*innen sind Menschen aus ländlichen Regionen, die in Chinas großen und wirtschaftlich starken Städten arbeiten, jedoch nicht die Voraussetzungen für die Registrierung eines städtischen Wohnsitzes dort erfüllen. Die Kinder dieser Arbeiter*innen, die in den Städten arbeiten, dort jedoch keinen registrierten Wohnsitz haben, haben daher kaum Möglichkeiten in Städten eine Schule zu besuchen. Eine Vielzahl dieser Kinder bleibt daher bei Verwandten auf dem Land zurück, wo sie wiederum schlechtere Bildungschancen haben.
Das Problem der Bildungsungerechtigkeit in der Volksrepublik China ist eng mit anderen Ungleichheiten zwischen verschiedenen Regionen der Volksrepublik China verknüpft: Im Durchschnitt finanziert der Staat Bildungseinrichtungen in wirtschaftlich stärkeren und städtischen Regionen der Volksrepublik China stärker als in den ländlichen Regionen. Und auch das staatliche System sozialer Versorgung ist auf dem Land schlechter aufgestellt als in den Städten. Genauere statistische Daten zur Lage in den einzelnen Provinzen der Volksrepublik China wurden in den letzten Jahren jedoch nur vereinzelt veröffentlicht – es ist daher schwierig abzuschätzen, welche Fortschritte es in der Volksrepublik China bei der Bekämpfung von Bildungsungerechtigkeiten gibt.
Zur Einsicht detaillierter Quellenangaben sowie weiterführender Informationen und Literaturhinweise zum Material besuchen Sie bitte die Plattform ChinaPerspektiven. [https://www.china-schul-akademie.de/materialien/m-schule-m4-2/]