M4.7: „Zusammenführung von Verwandten“ – zwei Sichten

Materialteil 1:

„Zusammenführung von Verwandten“ macht es möglich, dass die Familien von ethnischen Minderheiten und Han-Chines*innen einander durch häufige Besuche näherkommen

Chinanews.com, 25.12.2019

„Danke Dir für die Nachhilfe, Onkel Li, jetzt verstehe ich im Unterricht alles besser, meine Noten haben sich auch stark verbessert!“ Durch Li Juns Nachhilfe haben sich die Noten von Gulbar Yashengs Tochter Amanguli Alifu im Chinesischunterricht eindeutig verbessert.

Am 14. November 2016 führte die Zweite Division des Xinjianger Produktions- und Aufbaukorps zusammen mit dem Dorf Mangnan Chagan, Kreis Bohu, Xinjiang, die familienzusammenführenden Aktivitäten der Kampagne „Zusammenführung von Verwandten“ [wörtlich: Vereinigung der Ethnien in einer Familie] durch. Li Jun, ein Mitarbeiter der Rechtsabteilung der 25. Gruppe der Zweiten Division und Gulbar Yasheng wurden durch die Kampagne „zu Verwandten“. Jetzt besuchen sie einander so oft wie möglich und helfen sich gegenseitig, wie Familienangehörige.

Gulbar Yasheng hat drei Töchter, von denen zwei bereits verheiratet sind. Die Noten der kleinen Tochter Amanguli Alifu im Chinesischunterricht waren nicht sehr gut. „Noch ein Schulhalbjahr bis zur Zwischenprüfung, was mache ich, wenn ich nicht in die richtige Oberschule [=Sekundarstufe II, Anm. d. Übers.] komme? Gulbar Yasheng trug Li Jun die Schwierigkeiten in ihrer Familie vor. „Ich werde jeden Tag meine Freizeit nutzen, um Ihrer kleinen Tochter durch Nachhilfe im Sprachunterricht zu helfen. Ich bin überzeugt, dass sich ihre Noten durch meine Nachhilfe verbessern werden“, trug Li Jun nach reiflicher Überlegung Gulbar Yasheng vor und beharrte darauf, jeden Tag nach der Arbeit Amanguli Alifu zu Hause Nachhilfe zu geben.

Am 19. April 2018 erfuhr Li Jun, dass Gulbar Yashengs Ehemann Alifu Mamuti erkrankt war, und er besuchte ihn zusammen mit abkömmlichen Familienmitgliedern und schickte der Familie Obst, Eier, Reis und andere Dinge. Li Jun erkundigte sich in der Folge eingehend nach dem Gesundheitszustand und den Lebensumständen der "Verwandten".

Alifu Mamuti war das Rückgrat der Familie und weil er bettlägerig wurde, geriet die Familie in Schwierigkeiten. Um Gulbar Yashengs Familie zu helfen, nahm Li Jun im Dorf Mannan Chagan Kontakt zur „Arbeitsgruppe Besuche aus Wohlwollen und zwecks des Zusammenkommens" auf und half Gulbar Yasheng, einen Job als Köchin in der Kantine des Dorfes Mannan zu finden, damit sie sich einerseits um ihre Familie kümmern und andererseits etwas Geld verdienen konnte. Li Jun ergriff auch die Initiative, in den Kreis Bohu zu fahren, um Medikamente für Alifu Mamuti zu kaufen, bat Ärzte des 25. Regimentskrankenhauses der Zweiten Division, ihm einen Besuch abzustatten und brachte ihn zu Untersuchungen und Behandlungen in Krankenhäuser in Bohu und Yanqi.

Li Jun fand heraus, dass Gulbar Yashengs Familie mit einer Haushaltsregistrierung im Kreis Yanqi trotz der Armut der Familie nicht in der Lage war, einen Unterhaltszuschuss zu erhalten. Er nahm Kontakt zum Büro für öffentliche Sicherheit des Kreises Bohu auf, um Gulbar Yasheng zu helfen, die Haushaltsregistrierung der Familie in den Kreis Bohu ins Dorf Mannan Chagan zu verlegen, und er rannte von hier nach da, um Gulbar Yashengs Familie zu helfen, für die ganze Familie einen Status als einkommensschwacher Haushalt zu beantragen. Nach einigen Irrungen und Wirrungen kam Gulbar Yasheng schließlich in den Genuss der Vorzugsbestimmungen für Haushalte mit niedrigem Einkommen. Die Volksregierung des Kreises Bohu stellte zwei Kühe für ihre Familie zur Verfügung, bezuschusste die Reparatur ihres Schafstalls mit mehr als 7.000 Yuan und half außerdem mit 5 Tonnen Kohle.

Jetzt hält Gulbar Yasheng mehr als 40 Schafe und zwei Kühe und bepflanzt 1,3 ha Land. Die zweite Tochter hat einen Job im Kreis Yanqi gefunden; die schulischen Leistungen der jüngsten Tochter sind sehr gut und sie erhielt entsprechende finanzielle Unterstützung von der weiterführenden Schule im Kreis Bohu. Das Familienleben verbessert sich stetig.

Vor kurzem brachte Li Jun Gulbar Yasheng bei, wie WeChat funktioniert, seitdem kommunizieren sie häufiger. Seit 3 Jahren eine „Familie“, nimmt ihr Austausch weiter zu und ihre Zuneigung hat sich ebenfalls verstärkt. Die beiden Familien helfen sich gegenseitig und mögen sich, wie eine echte Familie.

(Editor: Ji Jiangtong; die uigurischen Namen sind im Originaltext in chinesischer Umschrift erfasst und werden hier den Lauten entsprechend wiedergegeben)

Quelle: (Ji und Pan 25.12.2019)

Materialteil 2:

Auszug aus einem Text der amerikanischen NRO Human Rights Watch aus dem Jahr 2018:

China: Visiting Officials Occupy Homes in Muslim Region | Human Rights Watch (hrw.org)

China: Regierungsbeamte auf Besuch besetzen das Zuhause in muslimischer Region

Lokale Presse und soziale Medien haben detailliert über die Umsetzung der Initiative [für Familienbesuche durch Kader, Anm. d. Übers.] berichtet:

Seit März ist jeder Kader im Kreis Wensu, Präfektur Aksu, verpflichtet, "nicht weniger als acht Tage im Monat in den Häusern von Dorfbewohnern zu wohnen." Ein offizieller Artikel beschreibt, wie die Kader nach einem Arbeitstag im Büro "ihr eigenes Bettzeug" in das Haus eines Dorfbewohners einer Minderheit bringen, wo sie "die Nacht verbringen werden."

In der [autonomen] kasachischen Präfektur Ili belegt ein offizielles Dokument vom 1. April, dass Kader verpflichtet sind, alle zwei Monate für fünf Tage Minderheiten zu besuchen.

In der mongolischen autonomen Präfektur Bayin'gho-lin ist jede Familie verpflichtet, Kader für bis zu 14 Tage im Monat zu empfangen.

Die Kader dokumentieren ihre Aktivitäten akribisch, u. a. indem sie Berichte über die Gastaufenthalte mit begleitenden Fotos einreichen. Einige dieser Fotos und Videos sind auf den Wechat- und Weibo-Accounts der teilnehmenden Behörden zu finden; sie zeigen Szenen, wie die Kader mit den Familien der Minderheiten zusammenleben, einschließlich der intimsten Aspekte des häuslichen Lebens, wie z. B. Kader und Familienmitglieder, die Betten machen und gemeinsam schlafen, Mahlzeiten teilen und ihre Kinder mit Essen versorgen und unterrichten. Keines dieser Videos oder Fotos wird von den besuchten Familien veröffentlicht und es gibt keinen Hinweis darauf, dass diese damit einverstanden waren, dass sie gepostet werden.

"Chinas zutiefst invasive Zwangsassimilierungspraktiken gegen Muslim*innen verletzen nicht nur grundlegende Rechte, sondern sind auch geeignet, Ressentiments in der Region anzufachen und zu vertiefen", sagte Wang [Maya Wang ist leitende China-Wissenschaftlerin bei Human Rights Watch, Anm. d. Übers.]. "Die Behörden in Xinjiang sollten die 'Hart durchgreifen'-Kampagne (yanda 严打) und alle damit verbundenen Missbräuche sofort beenden."

Quelle: (Human Rights Watch 13.05.2018)