M4.2: Satellitenbild des Gartens der Xiangfei

Einordnung: Der 14. Fünfjahresplan legt für die Autonome Region Xinjiang das Ziel fest, Tourismus als wichtige Einnahmequelle in der Region auszubauen. 2019 empfing die Autonome Region 213 Millionen inländische und ausländische Touristen, ca. viermal mehr Personen als noch 2014. Parallel dazu stieg nach offiziellen Angaben im gleichen Zeitraum das aus dem Tourismus generierte Einkommen um mehr als das Fünffache auf circa 46 Milliarden Euro (Sheng 30.10.2020; ASKCI Consulting Co., Ltd. 26.03.2021). Inländische Touristen*innen stellen dabei den größten Anteil und nutzen besonders die nationalen Feiertage, um die Region zu bereisen (Jiao, Zhang, und Meng 05.04.2019, 4). Die Dimensionen, die der Tourismus in Xinjiang hat, lassen sich den zur Verfügung gestellten Materialien nicht entnehmen und sollten daher (z.B. in Form dieser Einordnung) begleitend zur Verfügung gestellt oder durch die Schüler*innen recherchiert werden.

Für inländische Reisende in China ist dabei mittlerweile das Internet ein übliches Forum, um sich über Orte und Erfahrungen auszutauschen. Dies geschieht in speziellen Reiseforen (z.B. trip.com, mafengwo.cn, dt.: „Hornissennest.cn“, travel.qunar.com, dt. „Reisen-wohin gehen.com“…), aber auch wie im Fall des Materials M 4.2 im Rahmen der z.B. vom google maps-Pendant Baidu bereitgestellten Kommentierungsfunktion im online-Kartenmaterial.

Kommentare wie der hier zitierte finden sich zum Afaq Khoja Mausoleum/Garten der Xiangfei in großer Zahl auf allen diesen Plattformen. Vielen Kommentaren gemein ist der Fokus auf die nicht-islamische Historie, die dem Ort über die Figur der Xiang Fei zugeschrieben wird. Die Attraktivität der Gebäude wird häufig hervorgehoben, weil sie als exotisch empfundene Fotogelegenheiten bieten. Ebenso erwähnt werden die Tanzvorführungen, die täglich dort stattfinden. (vgl. Vortrag von David O’Brien, Ruhr-Universität Bochum, 2021, bisher nicht publiziert)

Baidu maps (Baidu Ditu 百度地图) als Produkt des chinesischen Baidu-Konzerns (Baidu 百度) unterliegt wie alle von in- und ausländischen Unternehmen veröffentlichten oder verbreiteten Karten des Staatsgebiets entsprechend dem „Vermessungs- und Kartierungsgesetz der Volksrepublik China“ der Kontrolle durch Regierungseinrichtungen. Die Kartierung des Staatsgebiets wird aus der Sicht des Staates als Frage der nationalen Sicherheit verstanden und zudem auch für politische Zwecke instrumentalisiert, etwa wenn es um die Frage der Verortung der Republik Taiwan oder die Zugehörigkeit umstrittener Gebiete im südchinesischen Meer geht. Es ist daher davon auszugehen, dass hochgeladene Karten staatlich abgesegnet sind und Kommentare, die im Netz zu Orten und Reiseerfahrungen hinterlassen werden, wie alle anderen Publikationen, die politisch als anstößig empfunden werden, zensiert werden. Im konkreten Falle Xinjiangs gibt es derzeit Berichte über ausgegraute Flächen in der Satellitenansicht von baidu maps (Buschek, Killing, und Rajagopalan 27.08.2020; Killing 2021).

Für die aktuelle Lage in Xinjiang gilt, dass in den auf dem Festland zugänglichen Medien ausschließlich Darstellungen präsent sind, die die Sicht der chinesischen Regierung auf die Ereignisse in Xinjiang wiedergeben (Tiezzi 29.05.2021). In Suchmaschinen, über die sich Netizens informieren können, sind sensible Stichwörter geblockt. Anfang 2020 waren dies z.B. Xinjiang / Uyghur / large scale/systematic + torture/ill – treatment / sexual assault / sexual violence, BBC, British Broadcasting Corporation, vgl. (China Digital Times 09.02.2021). Ein Austausch über diesbezügliche Inhalte ist nur über indirekte Anspielungen möglich (z.B. „das Gebiet, in dem Melonen gezüchtet werden“ anstelle von Xinjiang, (Y. Wang 25.03.2021). Andererseits bieten soziale Netzwerke wie Zhihu 知乎 (von der Funktion her ähnlich Wikipedia und reddit) Foren, in denen politisch interessierte Netizens sich zumindest eingeschränkt (also im Rahmen von durch die Zensur zugelassenen Themen) informieren und sogar mitdiskutieren können, wenn sie nicht davor zurückscheuen, mittels der notwendigen Registrierung im Netzwerk identifizierbar zu sein. Hier waren 2021 z.B. Fragen eingestellt wie: „Was ist von der Abstimmung im kanadischen Unterhaus über die Feststellung eines ‚Völkermordes in Xinjiang‘ zu halten, bei der sich Trudeaus Kabinett der Stimme enthält?“ (Die deutsche Sinologin Shi-Kupfer (Uni Trier: Prof. Dr. Kristin Shi-Kupfer (uni-trier.de) ) erstellt derzeit eine Auswertung von Xinjiang-bezogenen Frage-Antwort-Seiten bei Zhihu, die voraussichtlich Anfang 2022 veröffentlicht wird.)

Anfang des Jahres eröffnete auch die von der chinesischen Zensur zum damaligen Zeitpunkt noch nicht gesperrte, audio-basierte Social Networking-App Clubhouse eine Möglichkeit für Festland-Chines*innen, sich zu informieren und auszutauschen. Eine Auswertung der Mitschriften aus einer Xinjiang-bezogenen Gesprächsrunde findet sich z.B. bei Byler (2021).

Vor diesem Hintergrund ist der Kommentar zu lesen, der zum „Grab der wohlriechenden Konkubine“ hinterlassen wurde – er ist stellvertretend für die Mainstream-Aussagen in den Online-Foren zu sehen. Zugleich ist jedoch davon auszugehen, dass bestehende abweichende Meinungen vorhanden sind, aber entsprechend zensiert werden.

Verwendete Literatur