China in der Kolonialzeit: Das Beispiel Qingdao
- Lerneinheit 1: Oktoberfeste in China?2 Materialien|3 Aufgaben
- Lerneinheit 2: Hintergrundwissen: China und der Kolonialismus2 Materialien|1 Aufgabe
- Lerneinheit 3: Chinesische Stimmen über die deutsche Kolonialherrschaft in Qingdao4 Materialien|2 Aufgaben
- Lerneinheit 4: Quiz zu Qingdao als Kolonie1 Aufgabe
- Lerneinheit 5: Qingdao heute – Einblicke in die chinesische Erinnerungskultur2 Materialien
- Ergänzende Materialien8 Materialien
- Ausländische Kolonien und Einflussgebiete in Qing-China
- Sammelbild „Uebergabe des Fort“ (um 1900)
- Die Besetzung Qingdaos 1897
- Japanischer Druck „Die japanische Armee besetzt das Bismarck-Fort in Tsingtau“ (1915)
- Die Eroberung Qingdaos 1914
- Kolonien des deutschen Kaiserreiches
- Informeller Imperialismus und Halbkolonie
- Der Gelehrte Yan Fu über die deutsche Besetzung Qingdaos (1897)
- Ausländische Kolonien und Einflussgebiete in Qing-China
Aufgabe: Die deutsche Kolonialherrschaft in Qingdao
Jonas Schmid 12.11.2021
-
M3.1
-
M3.2
-
M3.3
-
M3.4
M3.1: Hong Shen über Qingdao (1915)
Hong Shen (洪深, 1894-1955) war ein chinesischer Dramatiker, Drehbuchautor und Regisseur. Aus familiären Gründen besuchte Hong Shen 1914 und 1915 Qingdao mehrmals. Sein Artikel „Meine Erfahrungen in Qingdao“ wurde 1915 in einer Shanghaier Unterhaltungszeitschrift veröffentlicht.
Zur Einsicht detaillierter Quellenangaben sowie weiterführender Informationen und Literaturhinweise zum Material besuchen Sie bitte die Plattform ChinaPerspektiven. [https://www.china-schul-akademie.de/materialien/m-cik-m3-1]
Weiterführende Informationen
M3.2: Ein anonymer Artikel über Qingdao (1915)
Der folgende Text erschien im April 1915 in einem Shanghaier Monatsmagazin. Über den Autor des Artikels ist nichts bekannt, der hier vorliegende Name ist vermutlich ein Pseudonym. Laut eigener Aussage hat der Autor vor der Eroberung Qingdaos durch japanische Truppen 1914 drei Monate in Qingdao verbracht.
Eines Tages ging ich entlang der Eisenbahnlinie spazieren und sah plötzlich wie ein Deutscher mit dickem Bauch und tiefen Augen in Lederschuhen an mir vorbeischoss und einen wild herumheulenden Jungen packte. Der Junge war erst fünf oder sechs Jahre alt und zitterte vor Angst wie ein zum Tode Verurteilter – sein Zustand war extrem jämmerlich. Der Junge warf sich nach links und rechts und hoffte so, dem festen Griff zu entkommen. Doch wütend hielt der Deutsche ihn an einem Bein fest und trug ihn, den Kopf nach unten hängend, mit fliegenden Schritten davon. Ich sah nur noch, wie die Hände und Füße des kleinen Jungen hin und her zappelten, und konnte vor Niedergeschlagenheit meine Tränen nicht unterdrücken. Als ich bei jemandem nachfragte, was passiert sei, antwortete man mir: „Der Junge hat einen kleinen Stein neben der Bahn genommen und ihn auf die Gleise geworfen. Das hat der Ausländer gesehen und so kam es dazu.“ Doch auch Kinder im Westen in diesem Alter machen ständig solche schlitzohrigen und unanständigen Sachen. Woher soll der kleine Junge denn wissen, dass er das nicht darf? Wenn man seine Eltern fragt und die ein ernstes Wort mit ihm reden, ihn etwas zurechtstutzen oder ihn vielleicht entsprechend bestrafen, dann reicht das aus. Wenn man ihn so misshandelt, wo bleibt denn dann noch die Menschlichkeit?
Eines anderen Tages sah ich auch wieder einen Ausländer wie verrückt rennen, um eine Person vor ihm zu packen. Doch der Andere konnte noch schneller rennen, verschwand um eine Ecke und schien außer Gefahr zu sein. Der Deutsche pfiff nun seinen Hund herbei. Schnell wie ein Blitz zischte der Hund an mir vorbei, erschnappte des Mannes Kleidung und wartete auf sein Herrchen, der den Mann festnahm. Da dieser Chinese wie ein Tier gejagt worden war, hielt ich ihn für einen Dieb. Doch als ich bei jemandem nachfragte, was passiert sei, antwortete man mir, dass dem nicht so sei: “Er befand sich auf den Eisenbahnschienen, als ein Zug kam. Da die Eisenbahnvorschriften dies verbieten, rief der Deutsche ihn zu sich. Da er nicht wusste, was zu tun war, rannte er weg. Je schneller er rannte, desto schneller die Verfolgung, denn der Deutsche war fest entschlossen, ihn zu fangen.“ Jemand anders sagte: „Wenn man hier in Qingdao lebt, muss man sich streng an die Gesetze und Regeln halten, um Gefahren zu vermeiden. Eine kleine Unachtsamkeit und die Strafe folgt sofort. Solange die Ausländer das Sagen haben, müssen wir tagaus tagein vorsichtig sein. Erst wenn wir das Pachtgebiet zurückerhalten, werden wir wieder ein Leben haben können.”
一日, 散步鐵道旁。忽見皤腹深目者, 飛其革靴, 而捉一狂啼之兒。兒僅五六歲, 觳觫如就縛之死囚, 為狀至慘 。兒左右奔避, 冀免縛 。德人忿而握其一 股, 頭目倒懸, 大步如飛, 提之而去 。止見小兒手足搔動而已。是時不覺淒然淚墮, 詢之他人, 則曰: “兒取路旁小石,投軌道中,為洋人所見,以至如此。” 夫以西兒當此年齡, 惡作劇之舉動, 亦時有之。小兒何知, 詢其家人嚴囑管束, 或如例科罰可矣 。乃虐待至此, 尚有人道哉?
又一日, 亦見洋人狂奔, 捉前之一人。前一人步亦捷, 轉一牆角, 可避捉矣。洋人大嗾其隨行之犬。犬疾如矢, 瞥眼而過, 竟噬得若人衣角, 而待洋人來獲。是又以獵獸之法待華人。吾意此必為竊, 詢之他人, 曰: “不然 。火車將至, 軌道例不許行人。渠犯其章, 洋人喝之, 渠茫無措手足, 於是奔。洋人必得而甘心, 亦奔。彼奔亦厲, 追亦厲。”且曰:“居此間者, 必謹守法度, 乃可免禍 。稍不慎, 罰即隨之。洋人當運, 吾輩日惴惴。 此等租界, 必收贖后, 吾人乃得有身命。
Zur Einsicht detaillierter Quellenangaben sowie weiterführender Informationen und Literaturhinweise zum Material besuchen Sie bitte die Plattform ChinaPerspektiven. [https://www.china-schul-akademie.de/materialien/m-cik-m3-2]
Weiterführende Informationen
M3.3: Sun Yatsen über seine Reise nach Qingdao (1912)
Sun Yatsen (孫逸仙, 1866-1925) repräsentierte im Ausland chinesische Revolutionäre, die ein Ende der Qing-Dynastie und die Errichtung einer Republik erreichen wollten, weshalb ihm eine maßgebliche Rolle an der Revolution von 1911 zugeschrieben wird. In einem Interview mit einem deutschen Journalisten im Oktober 1912 äußert sich Sun zur deutschen Kolonialherrschaft in Qingdao.
[…] Ich will auf meiner Europareise in der Hauptsache nach Deutschland gehen, um mich dort genau über seine Einrichtungen, Verwaltung und Industrie zu orientieren. Ich betrachte Deutschland auf fast allen Gebieten als unser Vorbild und wenn Sie etwas in dem von Ihnen vertretenen Blatt dazu tun können, mir meine Absichten zu erleichtern und mir meine Wege zu ebnen, so wäre ich Ihnen sehr zu Dank verpflichtet.
Zur Einsicht detaillierter Quellenangaben sowie weiterführender Informationen und Literaturhinweise zum Material besuchen Sie bitte die Plattform ChinaPerspektiven. [https://www.china-schul-akademie.de/materialien/m-cik-m3-3]
Weiterführende Informationen
M3.4: Zhu Qi über die Kolonialherrschaft in Qingdao (1908)
Zhu Qi 朱淇 (1858-1931) war ein chinesischer Journalist und Zeitungsherausgeber. Von 1900 bis 1904 lebte er in der deutschen Kolonie Qingdao und gab dort eine chinesische Tageszeitung heraus. Der folgende Leitartikel Zhus erschien ursprünglich 1908 in einer Beijinger Tageszeitung und ist in einer Übersetzung der deutschen Botschaft in Beijing erhalten.
Die Geringschätzung, die von den Deutschen in Schantung [Shandong 山東] den Chinesen gegenüber zur Schau getragen wird, spricht in jeder Beziehung allen vernünftigen Erwägungen Hohn. […]
Zunächst ist im allgemeinen der deutsche Nationalcharakter ein anderer, als z. B. der der Engländer. Die Engländer könnte man vergleichen mit den Abkömmlingen alter Familien, deren Generationen im Staatsdienst grau geworden sind. Zwar haben sie Macht und Einfluss; aber sie sind frei von Kastengeist und Engherzigkeit. Die Deutschen dagegen sind wie Parvenüs, aufgeblasen und in ihrem Glanze sich sonnend und hochmütig gegen andere. Darum benehmen sie sich Chinesen gegenüber wie rohe Tyrannen. Dazu kommt noch, daß […] [b]ei der Garnison aber, die von den Deutschen in Tsingtau [Qingdao 青島] unterhalten wird, wird jedes Jahr ein grosser Teil der Mannschaften gewechselt. Bei der jedesmaligen Ablösung aber fallen immer einige Leute ab, die in China bleiben und die natürlich suchen, sich hier ihren Lebensunterhalt zu erwerben. Daher kommt es, dass es in Shandong eine Menge Leute gibt, die den unteren Volksschichten in Deutschland entstammen. Wenn diese Leute sich dann rowdymässig benehmen, kann man sich nicht wundern. […]
Die zweite Ursache liegt darin, dass Schantung verhältnismässig spät kulturell fortschreitet. Die Kuangtung-Leute [Leute aus der Provinz Guangdong 廣東] haben durch das Zusammenleben mit den Engländern in Hongkong seit einigen Dutzend Jahren diese kennengelernt und wissen im allgemeinen Bescheid mit ihren Sitten und Gesetzen. […] Die Beziehungen zwischen Chinesen und Deutschen in Schantung datieren dagegen erst aus neuerer Zeit. Von deutschem Recht und Gesetz haben die Schantungleute daher kaum eine blasse Ahnung. Sie sind also nicht imstande, Streitigkeiten mit jenen im Rechtswege durchzufechten. Die Folge ist dass die Deutschen glauben, die Chinesen vergewaltigen zu können und dass die Rücksichtslosigkeit diesen gegenüber allmählich zu einer Art von Gewohnheitsrecht geworden ist. Besonders schamlose Chinesen aber machen sich sogar die Macht der Deutschen zu nutze, um ihre eigenen Stammesgenossen zu vergewaltigen, wodurch den Deutschen der Kamm noch mehr geschwollen ist. Auf diese Weise hat sich also die auf allen möglichen Gebieten zu Tage tretende harte Bedrückung der Chinesen herausgebildet.
Die dritte Ursache ist die Behandlung, welche die deutsche Regierung den Chinesen angedeihen läßt, und die von grausamer Härte nicht weit entfernt ist. Wenn Deutsche vor einer Behörde erscheinen, so sprechen sie stehend. Wenn aber Chinesen vor Gericht erscheinen, so werden sie gezwungen, vor dem deutschen Beamten niederzuknien. Die Deutschen werden nur mit Geld bestraft; Chinesen aber werden mit einem Ochsenzieher auf das Hinterteil geschlagen; auch gibt es für sie die Strafe der Enthauptung. Die Kuangtung-Leute können in Hongkong englische Beamte werden. Den Schantung-Leuten aber ist jede einigermassen bessere amtliche Stellung in Tsingtau verschlossen. Wenn es hoch kommt, so können sie Schreiber werden; das ist alles. Wenn aber schon die deutsche Regierung die Chinesen so hart behandelt, wie mag es da auch in dem, was bei jener selbst noch gut ist, bei den unteren Stellen aussehen! Die Folge ist, dass die Unterdrückung und Verachtung der Chinesen ganz unbewußt zur gewohnheitsmässigen Übung geworden ist.
Peking Daily News [Beijing Ribao 北京日報] vom 15.12.08.
Leitartikel (gezeichnet von Chefredakteur Chu-Chi ) über die Geringschätzung, mit der die Deutschen China behandeln.
Ich habe fünf Jahre hindurch im Pachtgebiet Kiautschou die gesamte geschäftliche Leitung der Kiautschouzeitung [Jiaozhoubao 膠州報] gehabt und habe in dieser Stellung alle Vorfälle und Zustände, bei denen eine ungehörige und gewalttätige Handlungsweise der Deutschen in Schantung [Shandong 山東] zu Tage trat, in der Zeitung scharf gegeisselt. Der deutsche Gouverneur war glücklicherweise ein Mann, der auf verständige Verwaltungsprinzipien hielt, und machte nie den Versuch, dem Redakteur mit Strafen zu Leibe zu gehen. Aber die deutschen Angestellten der Druckerei, in deren Verlag die Zeitung erschien, führten öfters sehr erbitterte Reden und weigerten sich die Zeitung weiter zu drucken. 1904 kam ich dann nach Peking und habe mich nicht mehr darum gekümmert, was die Deutschen in Schantung treiben.
Gestern erhielt ich nun plötzlich von einem Freund aus Weihsien [Weixian 濰縣] einen Brief, in dem er mir mitteilte: „Bei den beiden kürzlichen Trauerfällen im Kaiserhause hätten die deutschen Angestellten der Bergbaugesellschaft in Fangtze [Fangzi 坊子] als die einzigen die Flaggen nicht halbmast gesetzt und die in ihren Diensten befindlichen Chinesen hätten sämtlich die roten Mützenköpfe weiter getragen. Die deswegen erhobenen Vorstellungen der Territorialbeamten seien zurückgewiesen worden.“
Die Geringschätzung, die von den Deutschen in Schantung den Chinesen gegenüber zur Schau getragen wird, spricht in jeder Beziehung allen vernünftigen Erwägungen Hohn. Die Regierung und die oberen Klassen der Bevölkerung in Deutschland sind an sich durchaus nicht mit diesem Gebaren einverstanden, bei dessen Entstehung drei Ursachen vor allem mitgewirkt haben.
Zunächst ist im allgemeinen der deutsche Nationalcharakter ein anderer, als z. B. der der Engländer. Die Engländer könnte man vergleichen mit den Abkömmlingen alter Familien, deren Generationen [Bl. 54] im Staatsdienst grau geworden sind. Zwar haben sie Macht und Einfluss; aber sie sind frei von Kastengeist und Engherzigkeit. Die Deutschen dagegen sind wie Parvenüs, aufgeblasen und in ihrem Glanze sich sonnend und hochmütig gegen andere. Darum benehmen sie sich Chinesen gegenüber wie rohe Tyrannen. Dazu kommt noch, dass die Fremden aus England, Deutschland usw. einen weiten Reiseweg zurücklegen müssen, wenn sie nach China kommen, um hier bei uns Handel zu treiben. Die Reise kostet eine Menge Geld. Angehörige der unteren Volksklassen kommen also selten zu uns, und den weitaus grössten Teil der zu uns kommenden Fremden bilden reiche Grosskaufleute. Bei der Garnison aber, die von den Deutschen in Tsingtau [Qingdao 青島] unterhalten wird, wird jedes Jahr ein grosser Teil der Mannschaften gewechselt. Bei der jedesmaligen Ablösung aber fallen immer einige Leute ab, die in China bleiben und die natürlich suchen, sich hier ihren Lebensunterhalt zu erwerben. Daher kommt es, dass es in Shandong eine Menge Leute gibt, die den unteren Volksschichten in Deutschland entstammen. Wenn diese Leute sich dann rowdymässig benehmen, kann man sich nicht wundern. Wenn nun aber der Direktor der Schantung Bergbaugesellschaft, den man doch wohl mit zu den reichen Grosskaufleuten rechnen mussl [sic] sich eines solchen Benehmens mitschuldig macht, so liegt es eben an der allgemeinen Arroganz des deutschen Charakters, dem eine geringschätzige Auffassung China gegenüber bereits so zur hergebrachten Gewohnheit geworden ist, dass ihr Herauskehren ihm gar nicht mehr zu Bewusstsein kommt.
Die zweite Ursache liegt darin, dass Schantung verhältnismässig spät kulturell fortschreitet. Die Kuangtung-Leute [Leute aus der Provinz Guangdong 廣東] haben durch das Zusammenleben mit den Engländern in Hongkong seit einigen Dutzend Jahren diese kennengelernt und wissen im allgemeinen Bescheid mit ihren Sitten und Gesetzen. Zudem haben eine Menge von Kuangtung-Leuten im Auslande studiert; es gibt darunter Leute, die sich der Laufbahn eines englischen Rechtsanwalts gewidmet und [Bl. 55] es in dieser bis zu englischen Beamten gebracht haben, wie Wutingfang [Wu Tingfang 伍廷芳 (1842-1922)] und Hochi [He Qi 何啟 (1859-1914)]. Darum war es der Kuangtung-Gentry in der Frage des Tunghua-Krankenhauses [Donghua Yiyuan 東華醫院] in Hongkong möglich, dem Gouverneur Opposition zu machen; und auch chinesische Kaufleute und sonstige chinesische Untertanen können mit Hülfe eines Rechtsanwalts gegen Engländer einen Rechtsstreit führen. Die Beziehungen zwischen Chinesen und Deutschen in Schantung datieren dagegen erst aus neuerer Zeit. Von deutschem Recht und Gesetz haben die Schantungleute daher kaum eine blasse Ahnung. Sie sind also nicht imstande, Streitigkeiten mit jenen im Rechtswege durchzufechten. Die Folge ist dass die Deutschen glauben, die Chinesen vergewaltigen zu können und dass die Rücksichtslosigkeit diesen gegenüber allmählich zu einer Art von Gewohnheitsrecht geworden ist. Besonders schamlose Chinesen aber machen sich sogar die Macht der Deutschen zu nutze, um ihre eigenen Stammesgenossen zu vergewaltigen, wodurch den Deutschen der Kamm noch mehr geschwollen ist. Auf diese Weise hat sich also die auf allen möglichen Gebieten zu Tage tretende harte Bedrückung der Chinesen herausgebildet.
Die dritte Ursache ist die Behandlung, welche die deutsche Regierung den Chinesen angedeihen läßt, und die von grausamer Härte nicht weit entfernt ist. Wenn Deutsche vor einer Behörde erscheinen, so sprechen sie stehend. Wenn aber Chinesen vor Gericht erscheinen, so werden sie gezwungen, vor dem deutschen Beamten niederzuknien. Die Deutschen werden nur mit Geld bestraft; Chinesen aber werden mit einem Ochsenzieher auf das Hinterteil geschlagen; auch gibt es für sie die Strafe der Enthauptung. Die Kuangtung-Leute können in Hongkong englische Beamte werden. Den Schantung-Leuten aber ist jede einigermassen bessere amtliche Stellung in Tsingtau verschlossen. Wenn es hoch kommt, so können sie Schreiber werden; das ist alles. Wenn aber schon [Bl. 56] die deutsche Regierung die Chinesen so hart behandelt, wie mag es da auch in dem, was bei jener selbst noch gut ist, bei den unteren Stellen aussehen! Die Folge ist, dass die Unterdrückung und Verachtung der Chinesen ganz unbewußt zur gewohnheitsmässigen Übung geworden ist.
Die Leute in Schantung sind aber unsere Volksgenossen; sollen wir uns das ruhig mit ansehen, wie sie von den Fremden unterdrückt werden, und nicht einmal den Mund dabei auftun? – Wenn etwas zu weit getrieben wird, kann die Reaktion nicht ausbleiben. Oder sollten die Deutschen des Glaubens sein, dass China für alle Ewigkeit in seiner Schwachheit beharren und sich niemals aufraffen werde? In welchem Zustand französischer Bedrückung lebten die Deutschen zu Napoleons Zeiten! Und doch haben ihnen Wilhelm und Bismarck die Schmach der französischen Unterdrückung abgenommen! Das Volk Chinas aber steht an natürlicher Begabung nicht hinter den anderen Rassen zurück. Das möge die deutsche Regierung recht reiflich bedenken und sie möge ihren warnenden Einfluß auf ihre Untertanen geltend machen, dass diese nicht weiter eine derartige Geringschätzung und Verachtung den Chinesen gegenüber zur Schau tragen! –
Zur Einsicht detaillierter Quellenangaben sowie weiterführender Informationen und Literaturhinweise zum Material besuchen Sie bitte die Plattform ChinaPerspektiven. [https://www.china-schul-akademie.de/materialien/m-cik-m3-4]
Weiterführende Informationen
Aufgabe Zusammenfassung
0 von 1 Fragen abgeschlossen
Fragen:
Informationen
Sie haben die aufgabe schon einmal abgeschlossen. Daher können Sie ihn nicht erneut starten.
Aufgabe wird geladen…
Sie müssen sich anmelden oder registrieren, um die aufgabe zu starten.
Sie müssen zunächst die folgenden Schritte ausführen:
Resultate
Resultate
Abgelaufene Zeit
Kategorien
- Keine Kategorie zugeordnet 0%
-
Die Antwort wurde erfolgreich versendet!
- 1
- Aktuell
- Überprüfung
- Beantwortet
- Richtig
- Falsch
- Frage 1 von 1
1. Frage
L3 Aufgabe 1
Zuordnung: Lerneinheit 3Aufgabe: Wählen Sie eine der Quellen aus Lerneinheit 3 (M3.1 – M3.4) aus und arbeiten Sie heraus, wie der Autor die deutsche Kolonialherrschaft in Qingdao beurteilt.-
Die Anwort wird geprüft und bewertet nach dem Einreichen.
-