China in der Kolonialzeit: Das Beispiel Qingdao
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Ausländische Kolonien und Einflussgebiete in Qing-China
Die Eroberung Qingdaos 1914
Jonas Schmid 16.11.2021
Die Eroberung Qingdaos 1914
Wie kam es dazu, dass am 7. November 1914 japanische Truppen Qingdao eroberten? Und welche Folgen hatte dies für Deutschland und Japan aber vor allem auch für China?
Am 7. August 1914, zehn Tage nach dem Ausbruch des Kriegs in Europa bat Großbritannien Japan (die beiden Staaten waren seit 1902 verbündet und hatten sich gegenseitige Unterstützung im Kriegsfall zugesichert) um Unterstützung im Kampf gegen bewaffnete deutsche Schiffe in Ostasien – die japanische Regierung erklärte Deutschland noch am selben Tag den Krieg. Am 15. August stellte Japan Deutschland dann ein Ultimatum: Die deutsche Marine müsse sich aus Asien zurückziehen und das „Schutzgebiet Kiautschou“ bis zum 15. September an Japan übergeben. Japan sah den Ersten Weltkrieg als Chance, seinen Einfluss in China durch die Übernahme Qingdaos auszuweiten. Im neutralen China hingegen machte man sich darüber weniger Sorgen, da Großbritannien wiederholt versprochen hatte, Qingdao an China zurückzugeben. (Melzer 2017; Fenby 2014, 27-35)
Nachdem das Ultimatum verstrichen war, sandte Japan Truppen zur Eroberung Qingdaos. Für die Deutschen in Qingdao war die Lage denkbar schlecht: Das deutsche Ostasiengeschwader war auf dem Weg nach Europa im Atlantik von der britischen Marine vernichtend geschlagen worden, in Qingdao selbst waren nur noch eine Handvoll deutscher Schiffe und ein österreichischer Kreuzer. Japan hingegen sandte eine Flotte von 68 Schiffen nach Qingdao. Die Überlegenheit der japanischen Seite zeigt sich auch beim Blick auf die Anzahl der Bodentruppen: Knapp 5.000 Kombattanten aufseiten der Verteidiger in Qingdao standen 50.000 japanische Bodentruppen unterstützt von 1.500 Briten und Indern gegenüber. (Melzer 2017) Obwohl man sich so gut wie möglich auf den Angriff vorbereitet hatte – die Hafeneinfahrt war durch Minen gesperrt und an Land waren Schützengräben ausgehoben worden – waren die Geschütze doch zu wenig und veraltet. Selbst deutsche Soldaten vor Ort sprechen in ihren Aufzeichnungen von der hoffnungslosen Lage, in der sie sich in Qingdao befanden – dies wohl aber auch, um die eigene Tapferkeit der Verteidiger gegen einen übermächtigen Feind zu betonen. (Plüschow 1916, 45; Kirchner 2019, 182)
Das Wetter machte beiden Seiten zu schaffen: Langanhaltende Regenfälle seit Anfang Juli erschwerten die Errichtung von Abwehrlinien auf deutscher Seite, verzögerten aber auch den Angriff der japanischen Seite. (Fenby 2014, 37-53) Am 27. August konnte die Seeseite Qingdaos jedoch von der japanischen Marine abgeriegelt werden – die japanischen Schiffe blieben dabei allerdings außer Reichweite der deutschen Artillerie. Wenige Tage später, am 2. September, gingen japanische und britische Soldaten im Nordosten der Provinz Shandong an Land und begannen auf Qingdao vorzurücken. Nachdem die Bahnlinie unter japanische Kontrolle gebracht und die Telegraphenverbindung gekappt worden war, war die deutsche Kolonie vollständig abgeriegelt. Der Nachschub wichtiger Güter wie Kohle war nun unmöglich. Gleichzeitig begannen die Japaner auch mit ihren Flugzeugen deutsche Stellungen und Schiffe zu bombardieren. Der einzige deutsche Flieger in Qingdao, Gunther Plüschow wurde zwar später in Deutschland für seinen Wagemut als „Flieger von Tsingtau“ (die deutsche zeitgenössische Umschrift von Qingdao) berühmt, konnte aber gegen die japanische Übermacht wenig ausrichten. Nachdem die Angreifer fast alle Geschütze der Deutschen vernichtet hatten und die Vorräte zur Neige gingen, ergaben sich die Verteidiger am 7. November 1914 – eine genaue Karte der Kampfhandlungen findet sich bei Popp (2014, 275). Zur selben Zeit hatten japanische Truppen auch die deutschen Kolonien in Mikronesien eingenommen.
(Jonas Schmid, Mai 2021)
Verwendete Literatur
Sammelband mit wissenschaftlichen Aufsätzen zu verschiedenen Aspekten des Ersten Weltkriegs und Japan.
Umfangreichstes Werk zum Kampf um Qingdao 1914, das auch deutsche Quellen mit einbezieht.
Ideen- und politikgeschichtliche Darstellung der japanischen Innenpolitik während des Ersten Weltkriegs.
Sehr knappe aber angenehm zu lesende Darstellung des Kampfes um Qingdao 1914, die auch auf die Vorgeschichte und Nachwirkungen des Kampfes eingeht.
Schilderung des Kampfes um Qingdao: S. 135-288
Umfangreiche, aber angenehm geschriebene und auf einer Vielzahl an Sekundärliteratur und Quellen beruhende Darstellung der Friedensverhandlungen nach dem Ende des Ersten Weltkrieges in Paris. Der Fokus liegt auf den globalen Auswirkungen der Verträge, die nicht nur für Deutschland, sondern auch für China und den Nahen Osten weitreichende Folgen haben sollten.
Roman/Erlebnisbericht des Fliegers von QIngdao (während des japanischen Angriffs)b
Karte, die den Ablauf des Kampfes um Qingdao verdeutlicht.